Schule und Entwicklung

Motorische Basiskompetenzen

Sport und Bewegung sind in jedem Alter wichtig. Um komplexe Sportarten und Bewegungsabläufe überhaupt erlernen zu können, müssen schon in Kindergarten und Grundschule motorische Basiskompetenzen erworben werden. Nur wenn die Lernfortschritte regelmäßig überprüft werden, können Kinder frühzeitig Unterstützung erhalten, wenn die entsprechenden Kompetenzen noch fehlen.
Wir haben mit Dr. Christian Herrmann gesprochen, der den Motoriktest MOBAK 1–4 entwickelt hat.

Motorische Basiskompetenzen erklärt

Herr Doktor Herrmann, was genau sind motorische Basiskompetenzen? Können Sie ein Beispiel nennen?
Eine motorische Basiskompetenz ist beispielsweise das „Etwas-Bewegen“ – z.B. der kompetente Umgang mit einem Ball. Die Kinder müssen Bälle werfen, fangen, prellen und dribbeln können. Solche sozusagen übergreifenden Voraussetzungen werden benötigt, um motorische Anforderungen bei unterschiedlichen Ballspielen im Sport zu bewältigen. Motorische Basiskompetenzen können im Schul- und Vereinssport erlernt werden und sind alters- und kontextabhängig.

Was ist der Unterschied zwischen motorischen Basiskompetenzen und motorischen Fähigkeiten?
Motorische Fähigkeiten stellen die physische Fitness eines Kindes dar. Damit sind generelle körperliche Leistungsvoraussetzungen wie beispielsweise Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit gemeint. Fähigkeiten sind nicht erlernbar, sondern lediglich trainierbar. Im Gegensatz dazu können motorische Basiskompetenzen durch gezieltes Üben erlernt und verbessert werden.

Sie haben mit dem MOBAK 1–4 einen Test zur Erfassung motorischer Basiskompetenzen entwickelt. Welche Bedeutung haben diese Kompetenzen für Kinder?
Motorische Basiskompetenzen von Kindern spielen eine wichtige Rolle für die Teilnahme an Sport und Bewegung. Nur wenn sie kompetent mit einem Ball umgehen können, werden sie im Sportunterricht, im Vereinssport oder auch in ihrer Freizeit mit Gleichaltrigen Fußball oder Basketball spielen können.

Der MOBAK

Worin unterscheidet sich der MOBAK 1–4 von anderen Motoriktests (wie z.B. KTK, M-ABC-2)?
Der MOBAK 1–4 beinhaltet Bewegungsaufgaben, die einen direkten Bezug zur kindlichen Sport- und Bewegungskultur aufweisen, einen hohen Aufforderungscharakter besitzen und leicht in den Sportunterricht zu integrieren sind. Der zentrale Unterschied besteht somit in der inhaltlichen Passung des MOBAK 1–4 zu den existierenden Vorgaben des Lehrplans im Fach Sport. Entsprechend liegt der Fokus deutlich auf dem Kontext Schule und weniger im klinischen Bereich. 

Wie kann man die MOBAK-Ergebnisse als Lehrkraft konkret für den Sportunterricht nutzen?
Die Lehrkräfte bekommen Informationen darüber, welches durchschnittliche Leistungsniveau die Klasse besitzt, welche Unterschiede im Leistungsniveau bei den Kindern vorliegen und welche Kinder einen Förderbedarf haben. Dieses Wissen kann Lehrkräften als Grundlage für einen lernwirksamen und aktivierenden Sportunterricht dienen. Da Kinder in der Grundschule über ein unterschiedliches Niveau in motorischen Basiskompetenzen verfügen, ist es Aufgabe der Lehrkraft, im Sportunterricht ein Mindestmaß an motorischen Basiskompetenzen aufzubauen und zu sichern.

Förderung der motorischen Entwicklung

Lässt sich ein Rückstand bei den motorischen Basiskompetenzen später wieder aufholen? Gibt es hier so etwas wie ein „kritisches“ Alter?
Die motorische Entwicklung von Grundschulkindern schreitet schnell voran, so dass ein Förderbedarf frühzeitig ausgeglichen werden kann – aber auch sollte! Kinder mit Förderbedarf in den motorischen Basiskompetenzen werden weniger im Vereins- und Freizeitsport aktiv sein und damit zunehmend den Anschluss an Gleichaltrige verlieren. Damit wird es für diese Kinder immer schwieriger, Freude an Sport und Bewegung zu entwickeln und einen sportlichen Lebensstil aufzubauen.

Wie können Lehrkräfte Kinder mit Förderbedarf zusätzlich unterstützen?
Zunächst ist es wichtig, dass die Lehrkräfte den Förderbedarf der Kinder überhaupt erkennen – bei großen Klassen ist dies eine Herausforderung. Der MOBAK 1–4 soll die Lehrkräfte dabei unterstützen. Mit diesem Wissen können die Lehrkräfte die Aufgabenschwierigkeit an das Leistungsniveau der Klasse sowie an die Kompetenzen einzelner förderbedürftiger Kinder anpassen. Durch differenzierende Lernaufgaben können die Kinder auf ihrem Leistungsniveau individuell gefördert werden. Damit wird auch die Erreichung der in den Lehrplänen formulierten Zielstellungen gewährleistet.

Weitere Informationen zum MOBAK finden Sie auch unter mobak.info

Dr. Christian Herrmann

Privatdozent am Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit (DSBG) der Universität Basel. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der empirischen Unterrichts- und Bildungsforschung im Sport sowie in der Testentwicklung.