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Animal Fun: Ein Programm, das bewegt!

Animal Fun-Projektkoordinatorin Sue McLaren gibt im Interview Einblick in die Welt von Vorschulkindern. Sie verrät, warum es essenziell ist, Kinder in Sachen Bewegung und sozialen Kompetenzen früh zu fördern – und weshalb eine grosse Portion Spaß und Mut zur Albernheit nicht zuletzt auch bei den beteiligten Erwachsenen dazugehört.

Warum ist es wichtig, Motorik und die Entwicklung sozialer Fähigkeiten schon bei Kleinkindern zu fördern?

Altersentsprechende motorische Fähigkeiten sind wichtig für alle Kinder. Kinder mit mangelhaft entwickelten motorischen Skills sind öfters körperlich weniger aktiv als Gleichaltrige, was mit gesundheitlichen Schwierigkeiten wie Adipositas in der Kindheit und anderen Risikofaktoren wie Typ 2 -Diabetes und kardiovaskulären Problemen zusammenhängt. Gute motorische Fähigkeiten helfen Kindern, sich selbstbewusst zu fühlen, was soziale Interaktion und das Spielen mit Gleichaltrigen angeht.

Schlechte motorische Fähigkeiten stehen auch in Verbindung mit tieferem Selbstwertgefühl, geringerer Schulleistung, Konzentrationsschwierigkeiten, mehr Angst und Depression, dem Risiko, Opfer von Mobbing zu werden sowie sich auf dem Schulhof isoliert zu fühlen.

Bestehen Risiken, wenn diese Fähigkeiten nicht gefördert werden?

Ja, definitiv! Werden Kindern nicht genügend Möglichkeiten geboten, ihre motorischen Fähigkeiten zu trainieren, kann es passieren, dass sie sich von Spielen auf dem Schulhof ausgeschlossen fühlen. Dann können sie dazu tendieren, sich generell von physischer Aktivität zurückzuziehen. Dies kann in einer Abwärtsspirale resultieren, bei der die Kinder mehr und mehr sitzende Verhaltensweisen zeigen, wie etwa passiv vor einem Bildschirm sitzen. Das bewirkt eine Reduktion der Rumpfmuskulatur, einen geringen Muskeltonus und einen Mangel an motorischer Koordinationsfähigkeit.

Kinder vergleichen sich schnell mit anderen. Bemerken sie, dass Gleichaltrige Aktivitäten ausüben, die sie selbst nicht beherrschen, etwa auf einem Klettergerüst zu turnen, dann neigen sie eher zu internalisierenden oder externalisierenden Problemen. Dies kann zum Rückzug von Aktivitäten oder zu störendem Verhalten führen, um die Aktivitäten zu vermeiden.

Was ist Animal Fun?

Animal Fun ist ein Programm für die frühe Kindheit zwischen 3 und 6 Jahren, das darauf abzielt, Fein- und Grobmotorik sowie soziale und emotionale Entwicklung zu fördern. Die Forschung zeigt, dass sich die körperliche und psychische Gesundheit von kleinen Kindern zunehmend verschlechtert. Es gibt viele Instrumente, um Kinder und ihre Stärken und Schwächen zu untersuchen, aber wir wollten einen Schritt weitergehen und eine Lösung für die Problembereiche finden, die nach solchen Untersuchungen auftauchen könnten. Unsere Hoffnung ist es, dass Kinder mit motorischen oder sozialen Entwicklungsproblemen durch das Interventionsprogramm früh genug identifiziert werden. Dadurch können diese Kinder sich verbessern und ihr volles Potential ausschöpfen.

Warum ist dieses Programm rund um Tiere aufgebaut?

Weil wir davon ausgingen, dass die meisten Kleinkinder Tiere lieben und wir dieses Interesse und diese Neugierde nutzen könnten. Wir stellten auch fest, dass sich Kinder zwischen 3 und 6 Jahren in einer sogenannt «voroperationellen Phase» des Spielens befinden, in der sie «So tun als ob»-Spiele und das Schauspielern mögen. Indem man sie beispielsweise dazu auffordert, sich vorzustellen, sie seien ein herumwandernder Bär oder ein kriechendes Krokodil, konzentrieren sie sich auf die Imitation dieser Tiere. Gleichzeitig wurde jede dieser Übungen wohlüberlegt entworfen, um verschiedene Muskelgruppen, Koordinations- und Bewegungsfähigkeiten, motorische Planung, Feinmotorik und Sequenzierungsfähigkeiten zu fördern.

Wie hilft eine gewisse Verspieltheit, die motorischen und sozialen Fähigkeiten zu fördern?

Spielen ist alles! Spielen gibt Kindern die intrinsische Motivation, sich zu beteiligen, mitzumachen und zu üben. Wenn eine Aktivität Spaß macht, wird sie wiederholt. Sind wir Erwachsenen verspielt im Umgang mit Kindern, sind wir auf ihrer Wellenlänge. Je verspielter wir sein können, desto stärker ist die Verbindung zu ihnen. Wir ermuntern beim Animal Fun alle Erwachsenen dazu, ein bisschen albern zu sein; witzige Tiergeräusche zu machen und damit Vorstellungskraft und Schauspielerei zu nutzen, um die Übungen für die Kinder zum Leben zu erwecken.

Ein Beispiel: Die Bewegungsaufgabe des tänzelnden Pferdes kann so viel ansprechender sein, wenn sich die Kinder dabei vorstellen, dass sie wunderschöne, elegante Pferde sind, die durch die Manege stolzieren. Die Kinder konzentrieren sich auf das fiktive Spiel-Thema, doch die konzipierten Bewegungsübungen sind sorgfältig auf spezifische Muskelgruppen und koordinative Fähigkeiten abgestimmt.

Wie wendet man Animal Fun an? In welchen Kontexten ist es geeignet und was sind seine Vorteile?

Animal Fun wurde ursprünglich für den Kindergarten und Vorschule konzipiert, da wir bemerkten, dass Kinder einen grossen Teil ihres Tages in dieser Umgebung verbringen. Seit der Veröffentlichung haben wir festgestellt, dass auch Kinderbetreuungseinrichtungen sowie Personen in Gesundheitsberufen, die mit Kleinkindern arbeiten, das Programm als sehr nützlich empfunden haben.
Das Programm kann als Unterrichtseinheit eingesetzt werden – mit Kindern, die sich durch einen Postenlauf bewegen und pro Posten ein bis zwei Übungen durchführen.
Oder die verschiedenen Aktivitäten können über den Tag verteilt als kleine Bewegungspausen genutzt werden. Tägliche Routinen wie der Weg zur Toilette können umgewandelt werden: Warum dabei nicht so tun, als sei man ein hüpfendes Känguru? Es gibt auch viele Ideen für verschiedene Feinmotorik-Aufgaben, die Kindern bei der Optimierung ihrer Handschrift und dem Halten eines Stiftes helfen.
Ergo- und Physiotherapeut*innen können den Animal Fun auch nutzen: Etwa in Therapiesitzungen und um Eltern oder Lehrpersonen dazu zu motivieren, das Üben der Fähigkeiten auch ausserhalb der Therapie anzugehen.

Der Hauptvorteil des Programms ist der Spaßfaktor: Wenn eine Aktivität Spaß macht, dann ist es wahrscheinlicher, dass ein Kind immer wieder darauf zurückkommen will und dabei mehr Zeit damit verbringt, eine Fähigkeit zu trainieren. Indem die Tierliebe von Kindern und ihr angeborenes Spielbedürfnis angesprochen wird, hilft Animal Fun allen Kindern, ihre Fähigkeiten zu verfeinern und eine Wachstumsorientierung aufzubauen: «Ich kann es schaffen» statt Rückzug!

 

Vielen Dank für das Gespräch!

Mehr Informationen zum Programm Animal Fun finden Sie hier:

 

Sue McLaren hat einen sozialwissenschaftlichen Hintergrund und hat intensiv mit Lehrpersonen, Familien und Kindern zusammengearbeitet. Sie war Koordinatorin des Animal-Fun-Forschungsprojektes und erhielt 2016 die Lizenz für Animal Fun von der Curtin University. Sie ist Autorin der Ressource Animal Fun – Übungsheft für Eltern und Mitautorin von Zeitschriftenpublikationen zur Animal-Fun-Forschung. McLaren hat breite Erfahrung und großes Interesse an der Arbeit mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen und ihren Familien.

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