Fahreignungsdiagnostik
Eine interessante Anwendungsmöglichkeit eröffnet sich für die Fahreignungsdiagnostik. Für diagnostische Fragestellungen in diesem Bereich werden aktuell entweder mehr oder weniger komplexe psychologische Tests, Fahrsimulatoren oder praktische Fahrproben genutzt. Eine grundsätzliche Frage ist dabei immer, wie gut anhand dieser Tests die im Alltag gezeigte Fahrleistung vorhergesagt werden kann. Diese Frage ist nicht nur für die Fahreignungsbeurteilung im Allgemeinen wichtig, sondern gewinnt an Bedeutung, wenn es um die Beurteilung der Fahreignung von Patienten mit neurologischen und psychiatrischen Krankheiten geht. Insbesondere im Zusammenhang mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen wird die Fahreignungsbeurteilung wichtig. Aktuell werden für die psychometrische Beurteilung der Fahreignung meist Tests verwendet, welche verschiedene Aspekte der Aufmerksamkeit (z. B. die selektive Aufmerksamkeit, Daueraufmerksamkeit) und der exekutiven Funktionen (z. B. Shifting, Updating, Multitasking) prüfen. In der Regel handelt es sich um psychologische Tests, die eigentlich nicht speziell für verkehrspsychologische Untersuchungen konstruiert worden sind. Häufig verwendete Tests sind in diesem Zusammenhang die beiden Versionen des Trail-Making-Tests, der Uhrentest, die Mini-Mental-Skala, verschiedene Untertests der TAP, Tests zur Überprüfung der Verarbeitungsgeschwindigkeit, Wahrnehmungsbelastung und Varianten von Interferenztests (z. B. Stroop-Tests). Auf der Basis dieser Standardtests werden gelegentlich auch spezielle Versionen für die verkehrspsychologische Untersuchung angeboten. Ein typisches Beispiel ist eine spezielle Variante der TAP (TAP-M). Der sogenannte Useful-Field-of-View-Test, der eigentlich eine spezielle Variante der visuellen Aufmerksamkeit ist, wird auch sehr häufig bei der verkehrspsychologischen Begutachtung verwendet. Sehr weit verbreitet sind insbesondere im deutschsprachigen Raum speziell zusammengestellte und für verkehrspsychologische Fragestellungen geeichte computerisierte Testbatterien. Hierzu gehören das Expert System Traffic XPSV und das Act and React Test System.
Insgesamt muss man allerdings festhalten, dass die mit den genannten Tests erhobenen Befunde bestenfalls moderat mit den Fahrleistungen im realen Straßenverkehr korrelieren (vgl. Casutt, Martin, Keller & Jäncke, 2014; Niemann & Hartje, 2013).
Das NAB-Modul Aufmerksamkeit enthält mit der Aufgabe Straßenszenen einen Untertest, mit dem man die visuelle Aufmerksamkeit in speziellen Verkehrssituationen messen kann. So konnten Studien zeigen (Brown et al., 2005), dass die Befunde bei diesem Test mit den Beobachtungen im Rahmen einer realen Fahrprobe substanziell übereinstimmen. Abbildung 1 illustriert einen möglichen Ablauf zur Untersuchung von Fahreignung mit dem Modulen Screening und Aufmerksamkeit der NAB.
Denkbar ist, dass diese Aufgaben der NAB als Screening-Tests für die Beurteilung der Fahreignung von Patienten mit neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen sowie älteren Personen, bei denen Anzeichen einer Demenz zu erkennen sind, genutzt werden. Mit diesen kosten- und zeitersparenden Tests könnten jene Personen identifiziert werden, die einer dezidierten Fahreignungsdiagnostik zugeführt werden, bei der dann wiederholte Messungen, Fahrsimulationen und praktische Fahrproben zur Anwendung kommen.