Umsetzung in der Praxis – Der kulturelle Kontext beim Einsatz von Methoden der Eignungsdiagnostik
Mit diesem Wissen kann Kim nun zum einen das Anforderungsprofil anpassen und zum anderen überlegen, welche Diagnostikmethoden geeignet sind. Wie bereits mitschwingt, sind dabei auch die Persönlichkeitseigenschaften (wie Durchsetzungsstärke und Selbstbewusstsein) von Bedeutung. Persönlichkeit ist nach Asendorpf (2018, S. 5) „die Gesamtheit aller individuellen Besonderheiten, in denen sich jemand von Gleichaltrigen derselben Kultur unterscheidet“. Asendorpf (2018) weist darauf hin, dass das Umfeld mit den kulturell spezifischen Handlungsweisen, Riten und Werten in den ersten Lebensjahren von großer Bedeutung für die Entwicklung der Persönlichkeit ist. Auch Genkova (2019, S. 228) betont, dass „systematische Unterschiede zwischen Personen verschiedener Kulturen sich aus Unterschieden in den externalen Einflüssen [ergeben]“ und „somit davon ausgegangen werden [muss], dass Persönlichkeitsdimensionen abhängig vom kulturellen Kontext sind“. Dies sollte beim Einsatz von Persönlichkeitsfragebögen für berufliche Auswahl- und Entwicklungsprozesse mitberücksichtigt werden. Es wäre nicht sinnvoll, einen Fragebogen mit deutscher Normierung in China anzuwenden. Dies würde bedeuten, dass man das Ergebnis eines*r chinesischen Bewerbers*in mit der Ausprägung der Persönlichkeitsdimensionen der deutschen Bevölkerung vergleicht. Aufgrund der unterschiedlichen kulturellen Prägung sind die Persönlichkeitseigenschaften in China aber im Durchschnitt anders ausgeprägt. Bei der Wahl eines Fragebogens ist also immer zu beachten, inwieweit dieser auch auf die entsprechende Kultur der Zielgruppe passt bzw. hierfür zur Kultur passende Normwerte (sprich Vergleichswerte) vorhanden sind (Genkova, 2019). Beispiele für Persönlichkeitsfragebögen mit einer Vielzahl an länderspezifischen Normgruppen sind das Bochumer Inventar für berufsbezogene Persönlichkeit (BIP©) und das NEO-Persönlichkeitsinventar nach Costa und McCrae (NEO-PI-R). Das Team von Hogrefe Consulting unterstützt Sie gerne bei der Wahl eines geeigneten Fragebogen für Ihre Organisation oder auch der Konstruktion eines Auswahl- oder Entwicklungsprozesses. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die Beachtung der Kultur einer Person im Bereich der Eignungsdiagnostik von hoher Relevanz ist, um die richtigen Anforderungen zu definieren und passende Auswahlprozesse zu gestalten. Basis hierfür ist, dass Recruiter*innen Wissen über die kulturellen Ausprägungen haben und dieses auf den jeweiligen Kontext auch anwenden können. Da die kulturelle Prägung auch auf unsere Persönlichkeit und andere personenbezogenen Variablen einwirkt, ist bei der Wahl von Fragebögen und Testverfahren stets die Passung zur Kultur der Zielgruppe zu berücksichtigen.