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Hepatitis

Die aktuelle Ausgabe der Therapeutischen Umschau gibt einen vertieften und aktuellen Überblick über die wichtigsten Formen entzündlicher Lebererkrankungen. Viel Neues wurde vom Autorenteam der Therapeutischen Umschau aufgearbeitet und in didaktisch leicht verdaulicher Form präsentiert.

Wie geht man vor, wenn die Leberwerte verändert sind?

Ein rationaler Abklärungsgang führt rasch zur richtigen Diagnose und Therapie. Neue nicht-invasive Verfahren, welche den Fibrosegrad messen, helfen uns beim Entscheid eine Leberbiopsie durchzuführen oder nicht.

Besonders eindrücklich ist die Erfolgsgeschichte der neuen direkt wirkenden antiviralen Medikamente bei der Hepatitis C, welche praktisch 100 % der Erkrankten definitiv heilen. Sie sind das Resultat einer intensiven Forschung, welche endlich 25 Jahre nach der Entdeckung des Hepatitis-C-Virus durch Michael Houghton und George Kuo einen echten Durchbruch darstellen. Es ist das Ziel, diese tödliche Erkrankung, welche 2013 weltweit noch circa 700'000 Opfer forderte auszurotten und dieses Ziel soll gemäß WHO bis 2035 umgesetzt werden.

Was ist eigentlich Hepatitis?

Hepatitis ist eine Entzündung der Leber, die ohne oder mit begrenzten Symptomen auftreten kann und im schlimmsten Fall zu Fibrose, Zirrhose oder Leberzellkarzinom fortschreitet. Die häufigsten Ursachen sind Hepatitis-Viren, aber auch andere Infektionen, toxische Substanzen (z.B. Alkohol, bestimmte Medikamente) oder Autoimmunerkrankungen können die Entzündung verursachen.
Die fünf Haupt-Typen sind A, B, C, D und E, die alle durch Viren hervorgerufen werden.

Der Hepatitis A -Virus

Hepatitis-A-Virus (HAV) findet sich in den Fäkalien infizierter Personen und wird am häufigsten durch kontaminiertes Wasser oder Lebensmittel (z.B. Muscheln) übertragen. Infektionen verlaufen niemals chronisch und heilen meist spontan aus, die Genesenen bleiben immun gegen weitere HAV-Infektionen.

HAV-Infektionen können aber auch schwerwiegend und lebensbedrohlich sein. In Gebieten der Welt mit schlechter Hygiene werden die meisten Menschen mit diesem Virus infiziert. In gemäßigten Breiten sind HAV-Infektionen meist durch einen Aufenthalt in Risikogebieten importiert. Es stehen sichere und wirksame Impfstoffe gegen HAV zur Verfügung.

Der Hepatitis B-Virus

Der Hepatitis-B-Virus (HBV) wird durch Exposition mit infektiösem Blut, Sperma und anderen Körperflüssigkeiten übertragen. HBV kann z.B. von infizierten Müttern an Säuglinge während der Geburt übertragen werden oder durch Transfusionen mit HBV-kontaminiertem Blut. Auch eine Übertragung durch kontaminierte Injektionsnadeln bei medizinischen Eingriffen ist möglich. HBV stellt auch ein Risiko für Mitarbeiter im Gesundheitswesen dar bei der Behandlung und Pflege von HBV-Patienten.

Laut aktueller Schätzung der WHO leiden weltweit 240 Millionen Menschen an einer Hepatitis-B-Infektion, wovon jährlich mehr als 686 000 an den Folgen sterben. Die Erkrankung verursacht chronische Leberentzündungen, die wiederum die Entstehung von Leberzirrhosen und Leberzellkarzinomen begünstigen.

Die Therapie einer chronischen Hepatitis B ist schwierig, daher ist die vorbeugende Impfung die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung der Infektion. Sichere und wirksame Impfstoffe stehen zur Verfügung. In der Schweiz wurde eine universelle Hepatitis-B-Impfung erst 1997 eingeführt. Seither ist die Zahl der Neuerkrankten drastisch zurückgegangen. Aktuell sind ca. 0,3% der Schweizer Bevölkerung an Hepatitis B erkrankt.

Der Hepatitis C -Virus

Die Hepatitis-C-Virus(HCV)-Infektion ist die häufigste durch Blut übertragene Infektion und führt bei den meisten Betroffenen zu einer chronischen Hepatitis. Die Infektion kann durch Transfusionen von HCV-kontaminiertem Blut, kontaminierten Injektionen während medizinischer Eingriffe und durch Injektion bei Drogenkonsum erfolgen. Sexuelle Übertragung ist möglich, aber selten. Es gibt keinen Impfstoff für HCV.

Hepatitis C ist global eine der führenden Ursachen von Leberzirrhosen, hepatozellulären Karzinomen und chronischer Hepatitis. In der Schweiz sterben fünfmal mehr Patienten an den Folgen der Hepatitis C als an einer HIV-Infektion.

Seit der Entdeckung im Jahr 1989 wurden Diagnostik und Therapie der Hepatitis-C-Virus-Infektion deutlich vorangebracht. In der Schweiz wird ein risikobasiertes Screening auf Hepatitis C empfohlen. Aktuelle Analysen zeigen, dass die Seroprävalenz in der Schweiz bei 0,7 % liegt und 36 000–43 000 Personen mit diesem Virus infiziert sind. Wahrscheinlich ist in der Schweiz erst die Hälfte der Patienten diagnostiziert, was zeigt, dass das empfohlene risikobasierte HCV Screening konsequenter durchgeführt werden muss. Eine medikamentöse Therapie mit Heilung der Hepatitis C kann die Spätfolgen verhindern und verbessert die Prognose deutlich. Die Behandlung der Hepatitis C wurde 20 Jahre lang mit Interferon und Ribavirin durchgeführt, womiit nur moderate Heilungsraten bei ausgeprägten Nebenwirkungen erreicht. Im Jahr 2014 wurde mit der Einführung von Interferon-freien Behandlungen, basierend auf Protease- und Polymeraseinhibitoren, ein medizinischer Durchbruch erreicht.

Mit den direkt antiviral wirksamen Medikamenten (Direct Acting Antivirals, DAAs) können inzwischen 90–100 % der Infizierten mit einer nebenwirkungsarmen Behandlung innerhalb von zwei bis drei Monaten geheilt werden. Aufgrund der hohen Kosten wird die Therapie allerdings bei chronischer Hepatitis C ohne fortgeschrittene Leberfibrose in der Schweiz momentan nicht vergütet.

Aktuell sind in der Schweiz zehn DAAs zugelassen und es werden sieben weitere für 2017/2018 erwartet.

Der Hepatitis D-Virus

Hepatitis-D-Virus(HDV)-Infektionen treten nur bei denjenigen Menschen auf, die mit HBV infiziert sind. Die doppelte Infektion von HDV und HBV kann zu einer schweren Krankheit und einer schlechten Prognose führen. Hepatitis-B-Impfstoffe bieten gleichzeitig Schutz vor HDV-Infektionen.

Laut Schätzungen der WHO sind aktuell weltweit 15 Millionen Menschen mit HBV auch mit HDV koinfiziert (rund 5% der HBV-positiven Patienten). Eine akute Hepatitis B ohne HDV-Superinfektion ist in den meisten Fällen eine selbstlimitierende Erkrankung und bedarf keiner spezifischen antiviralen Therapie.

Im Gegensatz dazu sollte grundsätzlich bei jedem Patienten mit einer chronischen Hepatitis B eine antivirale Therapie in Erwägung gezogen werden. Patienten mit einer dekompensierten Leberzirrhose sollten in jedem Fall eine antivirale Therapie erhalten, wohingegen junge Patienten (<30 Jahren) mit einer immuntoleranten chronischen Hepatitis B ohne Lebererkrankung keine Therapie benötigen. Durch Suppression der HBV-Replikation wird die Lebererkrankung günstig beeinflusst und die Entwicklung von Zirrhose, Dekompensation und hepatozellulären Karzinomen verlangsamt. Ziele der antiviralen Therapie sind die Verbesserung der Lebensqualität und die Lebensverlängerung.

Aktuell gibt es keine spezifische Therapie gegen Hepatitis-D-Viren. Eine 12-monatige PEG-Interferon-Behandlung ist gegenwärtig die einzige (mäßig) effektive Therapie und noch weit entfernt von einer optimalen Behandlung. Als einziger Schutz vor Hepatitis D wirkt die Vorsorgeimpfung gegen Hepatitis B.

Der Hepatitis E-Virus

Hepatitis-E-Virus (HEV) wird meist durch kontaminiertes Wasser oder Nahrung übertragen. HEV ist eine der häufigsten Ursachen der akuten Hepatitis weltweit. Sichere und wirksame Impfstoffe zur Vermeidung von HEV-Infektionen wurden entwickelt, sind aber nicht weit verbreitet.

Der Virus wurde erstmals 1980 in Indien beschrieben und lange als Reisekrankheit betrachtet. Die WHO schätzt, dass sich jedes Jahr ca. 20 Millionen Menschen mit Hepatitis E infizieren, ca. 57 000 Menschen sterben daran. Zunehmend wird von einer Übertragung des Virus vom Tier auf den Menschen berichtet. Diese sogenannte Zoonose wird bei uns hauptsächlich durch den Konsum von rohem oder unzureichend erhitztem Schweinefleisch oder Wild übertragen. Bei der Prävention von Hepatitis E stehen, ähnlich wie bei der Hepatitis A, hygienische Maßnahmen im Vordergrund. So sollten immunsupprimierte Patienten auf den Konsum von rohem Fleisch oder Schalentieren verzichten und Schweinefleisch oder Wild ausreichend erhitzen. HEV wird erst durch Erhitzen auf 71 °C für 20 min inaktiviert.

Zwei rekombinante Impfstoffe wurden entwickelt und in großen Studien geprüft, zurzeit ist aber nur einer der beiden Impfstoffe lediglich in China zugelassen.

Hepatitis E verläuft meist asymptomatisch oder mild und heilt spontan aus, Schwere Verläufe werden jedoch bei Patienten mit vorbestehenden chronischen Lebererkrankungen oder Immunsuppressiver Therapie beobachtet. Hier kann es zu chronischen Verläufen und Leberzirrhose kommen. In solchen Fällen kann eine Therapie mit Ribavirin erwogen werden. Neurologische Komplikationen, insbesondere die neuralgische Amyotrophie, sind Teil des klinischen Spektrums. he

Literatur

Bachofner, J.A. & Müllhaupt, B.: Update – Therapie Hepatitis B und D. Therapeutische Umschau 2017; 74 (3): 93-99.

Semela, D.: Hepatitis C – Diagnostik und Therapie. Therapeutische Umschau 2017; 74 (3): 101-108.

Fraga, M., Gouttenoire, J., Sahli, R. & Moradpour, D.: Akute und chronische Hepatitis E. Therapeutische Umschau 2017; 74 (3): 109-114.

Haben wir Ihr Interesse geweckt?

Dann erfahren Sie ausführlichere Informationen zu diesem und weiteren Themen rund um "Hepatitis" in diesem Heft der Therapeutischen Umschau.

u.a. in diesem Themenheft:

  • Rationale Abklärung von Lebererkrankungen
  • Nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD)
  • Update – Therapie Hepatitis B und D
  • Hepatitis C – Diagnostik und Therapie

und weitere Beiträge.

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