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Herausforderungen im Talentmanagement

Um ein professionelles und nachhaltiges Talentmanagement in einem Unternehmen zu entwickeln, ist es zunächst notwendig, sich über den Begriff klar zu werden. 

Wir nutzen den Begriff „Talent“ hier synonym mit dem Begriff „Potenzial“ und betrachten Talent/Potenzial unter drei verschiedenen Aspekten:

  • Vertikales Potenzial (für Aufgaben auf der nächsthöheren Leistungs- oder Verantwortungsstufe)
  • Laterales Potenzial (Verantwortungs- bzw. Leistungssteigerung in der aktuellen Aufgabe)
  • Horizontales Potenzial (zur Wahrnehmung anderer Aufgaben bzw. Verantwortungen auf der gleichen Ebene).

 Neben dem Aspekt des konkreten Verständnisses und der Definition von Talentmanagement in Unternehmen und Organisationen stellen sich bei der erfolgreichen Identifizierung von Talenten vor allem die folgenden Herausforderungen: 

Welche Kompetenzen oder Potenziale „machen den Unterschied“? Wodurch macht sich Talent bemerkbar und wie wird es sichtbar?

Um diese Frage zu beantworten, sollten die Kriterien zur Talent- bzw. Potenzialidentifizierung in einem Unternehmen zunächst strategisch (top-down) abgeleitet werden. Unter „Talentmanagement“ kann dabei sowohl die Identifizierung und Entwicklung von Fach- oder Führungsnachwuchskräften als auch die gezielte Nachfolgeplanung bis in die Ebene der oberen Führungskräfte hinein verstanden werden.

In einem zweiten Schritt werden dann die konkreten Anforderungen an Talente basierend auf den definierten Kompetenzen des Unternehmens und den konkreten Funktionsanforderungen (bottom-up) formuliert. Dabei ist es hilfreich, zwischen dem Verständnis von individuellem Potenzial im Sinne von „can do“ oder „will do“ und dem Verständnis der vorhandenen Kompetenzen bzw. der bereits gezeigten Leistung im Sinne von „have done“ zu unterscheiden.

Welche Verfahren sollten zur Identifizierung von Talenten eingesetzt werden?

Die Antwort auf diese Frage ist von mehreren Aspekten abhängig:

  • Handelt es sich grundsätzlich um das „Eingangstor“ zur Teilnahme an einem Talentpool oder -programm?
  • Auf welcher Hierarchiestufe erfolgt die Talentidentifizierung? Geht es beispielsweise um die Suche und Auswahl von Trainees oder von (Führungs-)Nachwuchskräften, die Entscheidung über Fach- oder Führungslaufbahn oder die Nachfolgeplanung für Schlüsselfunktionen und obere Führungskräfte?
  • Welche unternehmenskulturellen Aspekte sind zu beachten? Gibt es bereits eine systematische Diagnostik, bei der Leistungs- bzw. Persönlichkeitstests oder andere Auswahl- und Bewertungsinstrumente im Unternehmen etabliert sind oder würde dieses Vorgehen erst mit dem Talentmanagementprozess eingeführt werden?
  • Welche Ressourcen stehen zur Talentidentifizierung zur Verfügung (Zeit, Personal – intern oder extern, finanzielle Mittel)?

Wie sieht es mit der Ökonomie und Angemessenheit der eingesetzten Verfahren aus? Wie stringent und konsistent werden die Verfahren eingesetzt?

Der gesamte Prozess und die eingesetzten Methoden sollten ökonomisch und bezogen auf die jeweilige Zielgruppe adäquat sein. Die Harmonisierung der Beurteilungskriterien und der eingesetzten Diagnostik im gesamten Talentmanagementprozess bzw. die Anschlussfähigkeit zu Rekrutierungs- und Beurteilungsprozessen etc. im Unternehmen ist eine weitere Voraussetzung für die Akzeptanz und ökonomische Umsetzung eines solchen Prozesses.

Welche Methoden sollen zur Talentidentifizierung genutzt werden?

Wenn all diese Fragestellungen berücksichtigt wurden, können die Indikatoren zur Potenzialerkennung, d.h. die relativ stabilen Dispositionen der Persönlichkeit im Sinne von „can do“ und „will do“ benannt und die diagnostischen Methoden systematisch zugeordnet werden, mit denen diese analysiert werden können. Das können Verhaltensbeobachtungen, psychometrische Testverfahren, wie beispielsweise die Persönlichkeitsverfahren BIP-6F, LMI und FÜMO sowie die kognitiven Tests DESIGMA Advanced bzw. BOMAT Advanced short, oder kompetenzbasierte Interviews – beziehungsweise eine Kombination dieser Methoden sein.

Wie sieht es mit der Evaluation der Eingangsdiagnostik aus?

Die Validität der diagnostischen Entscheidung sollte überprüft werden. Hat sich das Talent, das als Potenzialträger identifiziert wurde, auch in der Unternehmensrealität als solches bestätigt? Kann man das diagnostizierte Potenzial eines Talents nach einem gewissen Zeitraum als Leistung oder Kompetenz dieser Person in einer konkreten Funktion wahrnehmen und beurteilen? Wie lässt sich eine geeignete Evaluation umsetzen?
 

Fazit: Akzeptanz für die Auswahl von Talenten schafft man durch einen transparenten Prozess und den Einsatz valider Methoden und Instrumente

  • „Talent“ und Zielsetzung sollten zu Beginn des Talentmanagementprozesses definiert werden, ebenso wie die Zielgruppe, die Anforderungskriterien und die Rollen der handelnden Personen im Prozess.
  • Die diagnostischen Methoden sollten zur Zielgruppe, der Unternehmenskultur und den zur Verfügung stehenden Ressourcen passen.
  • Die Erfolgsfaktoren zur Validierung der Talentauswahl sollten bereits zu Beginn des Prozesses feststehen, ebenso wie der entsprechende Evaluationsprozess. su

Dr. Susanne Sachtleber

Susanne Sachtleber hat mehr als 15 Jahre Erfahrung als Führungskraft sowie als Beraterin in unterschiedlichen Branchen sowie auf mehreren Hierarchie-Ebenen in nationalen und internationalen Beratungsprojekten. Sie war als Beraterin in Change- und Organisationsprozessen, als Assessorin in Management-Audit- und Assessment-Projekten sowie als Executive Coach und Führungskräftetrainerin tätig.

Dr. Susanne Sachtleber leitete den Bereich Hogrefe Consulting von 2012-2017.

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