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Naturheilkundlich-integrativ pflegen und behandeln in der Onkologie

Viele Pflegefachpersonen wenden in Ihrer Arbeit naturheilkundliche Interventionen an, Ärzt*innen arbeiten zunehmend integrativ, aber bisher gab es noch kein Werk, das die Evidenz, Studienergebnisse und die praktische Anwendung komplementärer Verfahren zusammenfasst. Mit dem neuen Fachbuch «Integrative Interventionen in der Onkologie» wird nun diese Lücke geschlossen. Es ist ein interprofessionelles Praxis- und Beratungshandbuch, das auch in der Aus- und Weiterbildung sehr gut eingesetzt werden kann. Über die Entstehung des Bandes, die Informationslage bei Health Professionals und Patient*innen und die Wichtigkeit der Zusammenarbeit in diesem Bereich haben wir mit den beiden Herausgeberinnen Prof. Dr. Cornelia Mahler und Prof. Dr. Stefanie Joos gesprochen.

Kräuter und Medizin im Gras Integrative komplementäre Methoden in der Onkologie Bild: Shutterstock / Tatevosian Yana

Welches waren die Beweggründe, um das Buch «Integrative Interventionen in der Onkologie» zu schreiben bzw. herauszugeben und an wen wendet es sich?

Cornelia Mahler:
Wir hatten schon einmal ein gemeinsames Projekt, in dem es um rein pflegerische Interventionen in der Onkologie ging. Damals haben wir gesehen, dass es viele Maßnahmen gab, die Pflegefachpersonen bereits anwenden. Wir haben diese Ansätze damals in einem kleinen Heftchen zusammengestellt – für eine Veröffentlichung hat das allerdings noch nicht gereicht.

In dem aktuellen Projekt, das nun auch die ärztliche Perspektive mit einbezieht, haben wir zahlreiche komplementärmedizinische und pflegerische Interventionen für ganz unterschiedliche Symptome entwickelt. Dabei haben wir nicht nur die Literatur ausgewertet, sondern auch viele praktische Erfahrungen einfließen lassen.

Wir haben daraufhin viele Rückfragen bekommen – wo man das nachlesen kann, wo es zugänglich ist. Und da habe ich einfach Herrn Georg (Anm. d. R.: Programmleiter Pflege bei Hogrefe) angesprochen und er war sofort vom Projekt begeistert.

Stefanie Joos: 
Neben dem Bedarf, der immer wieder direkt aus der Praxis an uns herangetragen wurde, waren es auch unsere gesammelten Erfahrungen aus der CCC-Integrativ-Studie und anderen Projekten, in denen wir über die Jahre einen echten Wissensschatz zusammentragen konnten. Zum einen durch systematische Evidenz-Recherche, zum anderen aber auch – weil es in manchen Bereichen leider noch keine belastbaren Studien gibt – durch das Wissen und die Erfahrung von vielen Expert*innen.

Und da hatten wir einfach die Sorge, dass all das verloren gehen könnte. Dieses Buch ist also eine Möglichkeit, beides zu vereinen: den Bedarf aus der Praxis zu bedienen und gleichzeitig sicherzustellen, dass die vielen Ideen, das Fachwissen und die investierte Zeit nicht verloren gehen.

Cornelia Mahler:
Ich würde sagen: sowohl für die Versorgungspraxis als auch für die Ausbildung ist dieses Buch sehr gut geeignet – also für die Aus-, Fort- und Weiterbildung. Es bietet eine Grundlage, mit der man wirklich gut weiterarbeiten kann.

Sie haben schon erwähnt, dass Ihr Buch auf den Erkenntnissen der «CCC-Integrativ Studie» basiert, welches sind die zentralen Aspekte?

Stefanie Joos:
Der Ausgangspunkt war, dass wir aus zahlreichen nationalen und internationalen Umfragen wissen, dass sehr viele Menschen komplementäre Verfahren nutzen.

Dabei beginnt das Problem schon bei der Definition – was zählt überhaupt alles zu komplementären Verfahren? Diese werden sowohl von Ärzt*innen als auch von Heilpraktiker*innen und anderen Gesundheitsberufen angeboten, viele Menschen eignen sich das Wissen auch selbst an. Es gibt eine enorme Nachfrage, die aber nicht koordiniert ist – und die oft nicht mit der vorhandenen Evidenz abgeglichen wird. Dabei kann es ja durchaus auch zu Schäden oder Wechselwirkungen kommen.

Was uns immer wieder begegnet ist, war diese Hilflosigkeit, die Patient*innen uns gegenüber geäußert haben. Sie werden durch die Diagnose erst einmal komplett aus dem Leben gerissen und bekommen dann in den ersten Monaten von allen Seiten gut gemeinte Ratschläge, was sie noch alles tun sollten. Das kann schnell zu einem zusätzlichen Druck führen. Man fühlt sich regelrecht wie in einem Dschungel.

Etwas zu entwickeln, das man Patient*innen konkret an die Hand geben kann – eine fundierte Beratung – das war für mich persönlich der wichtigste Ausgangspunkt.

Cornelia Mahler:
Das ist natürlich die eine Seite: dass sich Patient*innen oft ausgeliefert fühlen – einem System, in dem nur mit ihnen etwas gemacht wird. Da fallen dann Aussagen wie: „Ich werde mit Gift vollgepumpt“ oder „Ich kann selbst gar nichts mehr tun.“ Gleichzeitig ist da aber auch ein starker Wunsch, selbst aktiv zu werden, selbst etwas für sich zu tun. Gerade in diesem Zusammenhang werden die Stimmen von Patient*innen immer lauter.

Die Gefahr besteht darin – und das sehen wir immer wieder –, dass es zu Problemen bei der Durchführung oder beim Durchhalten einer onkologischen Therapie kommen kann, vor allem dann, wenn ergänzende Maßnahmen nicht mit der Onkologie abgestimmt sind.

Unser Anliegen war es deshalb, genau diese beiden Seiten zusammenzubringen. Deshalb haben wir das Projekt auch bewusst an die Universitäten und an die vier CCCs hier in Baden-Württemberg angegliedert – um eine Verbindung zu schaffen. Damit die beiden Perspektiven – die konventionelle onkologische Therapie und die komplementäre – nicht gegeneinanderstehen, wie es häufig empfunden wird, sondern als ein gemeinsames, integriertes Konzept erlebt werden.

Sie sagten gerade schon, dass heute aktiv von den Patient*innen nicht-medikamentöse Interventionen eingefordert werden, was hat sich hier in den letzten Jahren getan, wie ist die Offenheit gegenüber verschiedenen Methoden und die Informationslage?

Cornelia Mahler:
Von Seiten der Patient*innen gab es schon immer eine große Offenheit gegenüber komplementären Verfahren. Die Zurückhaltung kam bisher eher von den Health Professionals – insbesondere von Ärzt*innen. Das liegt unter anderem daran, dass dieses Thema in der medizinischen Ausbildung so gut wie gar nicht vorkommt. Stattdessen wird oft vermittelt: Das ist etwas, das nicht evidenzbasiert ist. Da entwickelt sich im Laufe der Ausbildung häufig eine eher ablehnende Haltung.

Bei Pflegefachpersonen ist das anders – das wissen wir auch aus verschiedenen Befragungen. Sie sind in der Regel deutlich offener, wenden solche Verfahren auch häufiger an. Oft geschieht das im Hintergrund, ohne dass es überall offen ausgesprochen wird – sie tun es einfach, weil sie sehen, dass es den Patient*innen gut tut.

In den letzten Jahren hat sich auch über die Selbsthilfegruppen hinweg ein deutlicher Wandel vollzogen. Patient*innen fordern diese Angebote zunehmend ein – das Thema ist größer geworden. Inzwischen wurde sogar in die onkologischen Leitlinien aufgenommen, dass auch zu integrativen oder komplementären Methoden beraten werden soll.

Und wie soll ich zu etwas beraten, wenn ich gar nicht die Grundlagen dazu letztendlich habe! Health Professionals müssen also auch wissen, wo sie Informationen über die Evidenz einer Methode finden. Oder wie die Erfahrungen von Personen sind, die langjährig in diesem Bereich tätig sind. Wir wissen ja, Evidenz ist nicht nur das, was in randomisierten, kontrollierten Studien erarbeitet wird, sondern es gibt auch eine interne Evidenz, die auch ihre Berechtigung hat, insbesondere dann, wenn nicht ausreichend Studien vorhanden sind.

Stefanie Joos:
Gerade im pflegerischen Bereich ist die Studienlage oft noch sehr dünn – das ist ein großes Thema. Deshalb ist es umso wichtiger, das vorhandenen Wissen aufzubereiten und allen Berufsgruppen, die an der Versorgung beteiligt sind, Zugang dazu zu verschaffen. Und es ist eine Fülle an Wissen da. Man sieht das ja auch im Buch: Es gibt so viele unterschiedliche Ansätze – da kann niemand allein den Überblick behalten. Und das vor dem Hintergrund, dass die Onkologie selbst, insbesondere durch die neuen Medikamente und mögliche Nebenwirkungen, ja auch immer komplexer wird. Deshalb ist es aus unserer Sicht das Mindeste, dass es spezialisierte Zentren gibt, an die man Patient*innen verweisen kann – und dass Onkolog*innen wissen, dass es diese Angebote gibt, wo sie zu finden sind und wie man Patient*innen dorthin weiterverweisen kann.

Wichtig ist uns: All das soll mit Evidenz abgeglichen sein – oder, wie wir es nennen, die Beratung findet evidenzinformiert statt. Das heißt, auf Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse, ergänzt durch die klinische Erfahrung und die Perspektive der Patient*innen.

Supportive Maßnahmen können z.B. Nebenwirkungen einer Krebstherapie lindern, wichtig scheint aber auch die aktive Rolle der Patient*innen im Hei-lungsprozess zu sein, was bedeutet die aktive Teilnahme?

Cornelia Mahler:
Also, ich schätze das als sehr wichtig ein. Nicht umsonst war die Patientenaktivierung in unserer CCC-Integrativstudie der primäre Outcome – also ein zentrales Ziel. Es ging uns darum zu sehen, dass Patient*innen durch diese Beratungen tatsächlich aktiv werden und etwas für sich selbst tun.

Wir wissen ja, wie stark das mit dem Gefühl von Selbstwirksamkeit zusammenhängt. Wenn ich erlebe, dass ich selbst etwas tun kann, wenn ich merke, dass ich Einfluss habe – dann hat das oft eine positive Wirkung. Es stärkt die innere Haltung, den Blick auf die eigene Situation, und fördert insgesamt eine zuversichtlichere Einstellung.

Stefanie Joos:
Das Gefühl, einen Beitrag leisten zu können an der eigenen Genesung oder daran, dass es einem besser geht, das ist enorm wichtig. Und davon abgesehen, haben natürlich die Verfahren selbst auch eine spezifische Wirksamkeit, da kommt sicherlich beides zusammen. 

Welche Konzepte und Verfahren gehören zur komplementären Medizin und Pflege dazu?

Stefanie Joos:
Ich denke, ein ganz zentrales Konzept ist zunächst einmal das der Salutogenese – also im Gegensatz zur Pathogenese, dem rein krankheitsorientierten Denken. Während das pathogenetische Modell die Krankheit in den Mittelpunkt stellt, geht es bei der Salutogenese darum, die Ressourcen zu stärken – den Körper, den Organismus, die Psyche.

Das ist eigentlich der übergreifende Ansatz all dieser Verfahren. Und innerhalb dieses Rahmens gibt es ein naturheilkundlich orientiertes Gesamtkonzept. Dabei spielen Ernährung, Bewegung und Stressmanagement eine grundlegende Rolle. Diese drei Bereiche bilden sozusagen das Basiskonzept, das Fundament jeder Beratung – deshalb erwähnen wir sie auch immer.

In der Beratung merkt man dann sehr schnell, was für die einzelne Person besonders wichtig ist und wo der Schwerpunkt liegen sollte. Aber diese drei Aspekte sollten grundsätzlich immer angesprochen werden.

Darüber hinaus gibt es dann die ergänzenden komplementären Verfahren. Zum Beispiel arbeiten wir auch mit Akupressur – das ist eine Methode, die leicht erlernbar und selbst anwendbar ist und für die es auch eine gute Studienlage gibt. Und es kommen weitere Verfahren dazu, auch aus dem pflegerischen Bereich – etwa Auflagen oder Wickel.

Cornelia Mahler:
Genau – die äußeren Anwendungen, die da letztendlich zum Tragen kommen, gehören unbedingt dazu. Neben einer integrativen Versorgung können wir dabei inzwischen schon fast von einer traditionellen Versorgung oder traditionellen Medizin oder Pflege, hier in Deutschland sprechen. Gerade Verfahren wie die Kneipp’schen Anwendungen, aber auch anthroposophische Methoden, zum Beispiel rhythmische Einreibungen – das sind Dinge, die man im deutschsprachigen Raum gut kennt, die aber in anderen Ländern kaum verbreitet sind.

Das sind wichtige Verfahren, die hier besonders im pflegerischen Bereich breit angewendet werden – und die selbstverständlich genauso zu den komplementären Verfahren dazugehören. Oft können Patient*innen sogar angeleitet werden, diese Anwendungen selbst durchzuführen.

Und genau da kommen dann unsere Infozepte ins Spiel. Die Idee ist, dass man den Patient*innen nicht nur etwas erklärt oder sie berät, was sie tun könnten – sondern dass sie, ganz konkret, etwas an die Hand bekommen. So, wie man beim Arzt ein Rezept für ein Medikament bekommt, gibt es hier ein Infozept – mit Informationen und einer konkreten Handlungsanleitung.

Idealerweise wurde das im Vorfeld schon demonstriert oder gemeinsam eingeübt, sodass Patient*innen es später zu Hause sicher selbst anwenden können.

Konzepte und Verfahren der komplementären Medizin und Pflege (Eigendarstellung)

Welche Symptome bzw. Phänomene sind besonders häufig und werden im Buch behandelt?

Cornelia Mahler:
Wir haben von pflegefachlicher Seite mal zusammengestellt, was aus unserer Perspektive die Top Themen sind, letztendlich, weil sie am häufigsten vorkommen, das sind etwa die Mukositis, die Fatigue, die Chemotherapie-induzierte periphere Neuropathie (CIPN).

Ein großes Thema sind natürlich auch die Hauterscheinungen – zum Beispiel trockene Haut, Nagelveränderungen oder Juckreiz. Das sind Symptome, zu denen in der Beratung sehr häufig Fragen kommen.

Daneben spielt aber auch das Thema Nahrungsergänzungsmittel immer wieder eine große Rolle. Das ist ein Bereich, in dem die Patient*innen aus allen möglichen Richtungen Ratschläge bekommen: „Du musst noch das nehmen, oder jenes – das hilft wirklich“ – solche Dinge hört man ständig.

Und genau da setzen wir in den Sprechstunden an. Wir versuchen gemeinsam mit den Patient*innen herauszufinden: Was wissen Sie bereits? Was beschäftigt Sie am meisten? Was ist aktuell Ihr größtes Problem? Und dann geht es darum zu schauen, was man ganz konkret empfehlen kann oder wovon man auch abraten kann – individuell, sinnvoll und abgestimmt.

Könnten Sie beschreiben, wie das Zusammenspiel zwischen den Leitlinien, dem Lebensstil und den ergänzenden KMP-Maßnahmen optimal funktioniert?

Cornelia Mahler:
Die Fatigue ist da ein gutes Beispiel. In der S3 Leitlinie Komplementärmedizin werden zur Fatigue entsprechende komplementäre Verfahren empfohlen, und insbesondere dazu wird dann beraten. Weiter sind auch die Aspekte und Verfahren, die den Lebensstil betreffen – Ernährung, Bewegung, Entspannung, z.B. Yoga usw. – tatsächlich schon in der Leitlinie aufgenommen. Wir ergänzen das im Grunde genommen noch über die pflegerischen Maßnahmen, etwa Kneipp’sche Wechselgüsse oder Auflagen, der Leberwickel mit Schafgarbentee oder Rosmarin Fußbäder und Akupressur. Dies sind alles Interventionen, die gerade im Bereich der Fatigue angewendet werden können.

Für den einen Patienten, die eine Patientin ist es besser, eine ganz einfache Maßnahme umzusetzen. Jemand, der vielleicht schon mehr Erfahrung hat oder Angehörige, die ihn unterstützen, kann auch eine etwas komplexere Intervention durchführen – auch wenn diese dann aufwendiger ist.
Das muss man einfach im Gespräch herausfinden: Was passt am besten zu der jeweiligen Person? Es ist eine hoch individualisierte Beratung, die im Grunde in jeder Therapie notwendig ist.

Stefanie Joos: 
Ich denke, es geht auch immer darum, den Druck rauszunehmen, mit dem viele Patient*innen kommen. Viele haben das Gefühl, sie dürfen nichts verpassen und müssten am besten alles machen – und genau das belastet und ermüdet sie natürlich enorm.

Deshalb ist es wichtig, gemeinsam zu überlegen, was am besten zu den eigenen Ressourcen passt. Jede*r Patient*in hat ja unterschiedliche Möglichkeiten und Stärken, was sie*er gerne macht und was Kraft gibt.

Gerade in belastenden Situationen gerät das oft in Vergessenheit. Das ist ein Thema, das man in der Beratung wieder aufdecken kann, um darauf aufbauend passende Maßnahmen zu finden.

Ganz besonders sind die «Infozepte», die Sie auch bereits erwähnt haben. Was kann man sich darunter vorstellen und wie wurden sie entwickelt?

Stefanie Joos:
Cornelia Mahler hat es vorhin schon gesagt: Der Klassiker beim Arztbesuch ist ja, dass man mit einem Rezept wieder rausgeht. Aber dieses Rezept ist mehr als nur ein Stück Papier mit einer Verordnung oder einem Medikament drauf – es ist eine Art Materialisierung von Hoffnung; etwas, an das ich mich halten kann, das „Halt gibt“.

Das ist der eine Grund für die „Infozepte“. Ein anderer Grund ist, dass man aus der Forschung weiß, dass vom gesprochenen Wort – selbst wenn man genau anleitet, wie man zum Beispiel einen Wickel macht – in so einer Beratungssituation, in der Patient*innen oft aufgeregt sind, weniger als die Hälfte hängen bleibt.

Schon in Vorläuferstudien hatten wir deshalb Infozepte entwickelt, aber im Rahmen von CCC Integrativ wurde das jetzt zum ersten Mal wirklich breit umgesetzt. Da es dabei oft auch um komplexere Maßnahmen oder Anleitungen geht, bei denen manchmal auch Angehörige eingebunden werden können, ist die Idee der Infozepte entstanden.

Cornelia Mahler:
Insgesamt gibt es 88 illustrierte doppelseitige Infozepte, teils im Buch abgedruckt, alle sind in der Mediathek online abrufbar. Sie sind immer ähnlich aufgebaut. Sie enthalten eine Beschreibung der Indikation – also wofür sie angewendet werden können –, was man dafür braucht, wie die Anwendung funktioniert und Hinweise darauf, worauf man achten sollte.

Außerdem sind darin nicht nur Worte enthalten, sondern auch Bilder. So bekommt man eine bessere Vorstellung davon, wie das Ganze wirklich aussieht und wie man es praktisch umsetzt.

Was haben Sie mitgenommen aus dem Projekt, was erscheint Ihnen besonders wichtig?

Cornelia Mahler:
Sowohl von den Berater*innen, die die Sprechstunden durchführen, als auch von den Patient*innen, die daran teilgenommen haben, kam sehr deutlich zurück, dass der interprofessionelle Ansatz einen großen Mehrwert bietet. Gerade bei der ersten Beratungssitzung ist es sehr hilfreich, wenn Ärzt*in und Pflegefachperson gemeinsam dabei sind. So kann man sich besser abstimmen: Handelt es sich eher um ein medizinisches Thema, das mehr mit der Therapie zu tun hat, oder geht es eher um Nebenwirkungen und das Symptommanagement?

Im Erstgespräch kristallisiert sich dann meist heraus, in welche Richtung es konkret geht. Und durch diese gemeinsame Arbeit haben beide Seiten sehr viel voneinander gelernt.

Stefanie Joos:
Wenn man das Ganze flächendeckend für die Versorgung denkt, ist es natürlich ein gewisser Ressourceneinsatz – den man sicher nicht immer und überall in dieser Form leisten kann. Aber punktuell solche gemeinsamen Gespräche zu führen, macht auf jeden Fall Sinn. Es zeigt, wie die beiden Berufsgruppen – also Ärzt*innen und Pflegefachpersonen – beraten, miteinander umgehen und sich ergänzen. Besonders in komplexeren Fällen ist das sehr sinnvoll. Wenn beide Berufsgruppen abgestimmt sprechen und beraten, stärkt das das Vertrauen der Patient*innen in ihre Versorgung – und genau dieses Vertrauen ist oft schon eine heilsame Erfahrung.  

 

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Prof. Dr. Cornelia Mahler

Prof. Dr. sc. hum. Cornelia Mahler, geb. 1963, lebt in Tübingen und Edingen-Neckarhausen. Sie ist Krankenschwester, Erziehungs- und Pflegewissenschaftlerin. Sie ist Direktorin der Abteilung Pflegewissenschaft im Institut für Gesundheitswissenschaften am Universitätsklinikum Tübingen und gleichzeitig Studiendekanin für den grundständigen Bachelorstudiengang Pflege B.Sc. der Universität Tübingen in Kooperation mit der Hochschule Esslingen. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt in der interprofessionellen Ausbildung und Zusammenarbeit sowie der integrativen pflegerischen Interventionen in der onkologischen Versorgung. Sie ist Herausgeberin dieses Buchs und verfasste die einleitenden Kapitel.

Prof. Dr. Stefanie Joos

Prof. Dr. med. Stefanie Joos, geb. 1970, lebt in Tübingen und Karlsruhe. Sie ist Fachärztin für Allgemeinmedizin mit Zusatzbezeichnungen in Naturheilverfahren und Akupunktur. Sie ist Ärztliche Direktorin des Instituts für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung sowie Gründungsvorsitzende des Zentrums für Öffentliches Gesundheitswesen und Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Tübingen. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Versorgungsforschung sowie integrativen Interventionen. Sie ist Herausgeberin dieses Buchs und verfasste die einleitenden Kapitel.

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Die Zeitschrift Onkologische Pflege hat das Ziel, die Versorgung in der onkologischen Pflege zu fördern. Sie richtet sich an Pflegende in der Onkologie, Medizinische Fachangestellte in der Onkologie, sowie im Kontext der onkologischen Pflege pädagogisch, psychosozial und wissenschaftlich tätige Personen. Die Zeitschrift richtet sich an alle, die in ambulanten oder stationären onkologischen Einrichtungen tätig sind.

Jedes Heft hat ein Schwerpunktthema, eine Rubrik Fortbildung und in jeder Ausgabe werden Arzneimittel und Nebenwirkungen vorgestellt. Aktuelles von der KOK und ihren Arbeitsgruppen, Berichte über Fachkongresse, ein Veranstaltungskalender und Buchbesprechungen runden das Heft ab. 

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