„Ein psychologisches Wörterbuch besteht bisher in deutscher Sprache nicht“, schrieb Fritz Giese in seinem 1921 veröffentlichten Psychologischen Wörterbuch. Um diese Lücke zu füllen, hatte der Psychologe, der bei Wilhelm Wundt promoviert hatte, etwa 1.646 Stichwörter gesammelt und erläutert, ergänzt durch ca. 60 Abbildungen. Der Band umfasste in dieser 1. Auflage 170 Seiten und erschien im Verlag B.G. Teubner. Heute, 100 Jahre später, erscheint das von Giese initiierte und später von seinem Mitarbeiter und Kollegen Dr. Friedrich Dorsch herausgegebene Lexikon bei Hogrefe in seiner 20. Auflage und bietet über 13.500 Einzelbeiträge auf 2096 Seiten.
Die Erfolgsgeschichte eines unentbehrlichen Lexikons
Wer Psychologie studiert, kennt den „Dorsch“. Im Laufe eines Jahrhunderts und über eine Vielzahl einschneidender historischer Ereignisse hinweg, hat sich das Lexikon als unentbehrliches Nachschlagewerk fest etabliert.
Das Wörterbuch sollte zunächst den „psychologischen Praktikern“ die Grundlagen der Psychologie erläutern, denn tatsächlich handelte es sich bei dieser Gruppe meist um Ingenieure, die in der Psychotechnik tätig waren, ein Diplom in Psychologie wurde erst 1941 eingeführt. Die zweite Auflage erschien 1928, die dritte Auflage konnte Giese nur noch vorbereiten, er starb 1935 an den Folgen einer Operation. Er hatte aber noch eine Erweiterung und einen Verlagswechsel angestoßen.
Erst 1950 konnte die 4. Auflage erscheinen, unter dem Titel „Dorsch-Giese Psychologisches Wörterbuch“. Friedrich Karl Georg Dorsch (1896-1987) führte als ehemaliger Mitarbeiter Gieses das Lexikon weiter, nun bereits wesentlich umfangreicher und mit einem veränderten Aufbau.
Mit der 6. Auflage von 1959 wandelte sich das Wörterbuch von einem Nachschlagewerk für Nichtfachleute zu einem wissenschaftlichen Referenzwerk. Das Werk erschien nun erstmals im Verlag Hans Huber und berücksichtigte die aktuelle Literatur, die psychologischen Testverfahren, bot einen „mathematischen Anhang“ und eine umfangreiche Literaturliste. Zum ersten Mal wurde auch Giese nicht mehr als Herausgeber genannt. In den folgenden Jahren wurde der „Dorsch“ ein gängiger Begriff, vergleichbar mit dem „Pschyrembel“ in der Medizin.
Nach dem Tod Friedrich Dorschs 1987 übernahmen Hartmut O. Häcker und Kurt-Hermann Stapf die Herausgabe bis zu 15. Auflage 2012. Erst in den 80er-Jahren wandelte sich der „Dorsch" zum Herausgeberwerk, neue Beiträge wurden mit Namenskürzeln versehen, Stichwörter konnten mit Autorenangabe zitiert werden. Inzwischen schreiben über 600 Expert*innen für das Wörterbuch, das seit der 16. Auflage von Markus Antonius Wirtz als Geschäftsführendem Herausgeber auch online verantwortet wird.