Die Arbeitsmotiv-Forschung beschäftigt sich mit der Frage, was ein Mensch durch seine berufliche Tätigkeit erreichen möchte. Will er z. B. schnell aufsteigen, viel Geld verdienen und gesellschaftliche Anerkennung erzielen oder ist sein Streben eher darauf ausgerichtet, sich selbst weiterzuentwickeln und über die Arbeit soziale Kontakte zu knüpfen? Arbeitsmotive sind nicht dasselbe wie Berufsinteressen. Berufsinteressen beziehen sich auf den konkreten Inhalte der Tätigkeit (z. B. mit Holz arbeiten oder kreativ sein), während die Arbeitsmotive nach dem übergeordneten Sinn der beruflichen Tätigkeit fragen. Bisweilen sind die Grenzen zwischen Arbeitsmotiven und Berufsinteressen aber auch fließend.
Macht – Leistung – Anschluss: Welche Motive kann man unterscheiden?
Die Frage, welche Arbeitsmotive sinnvoller Weise zu unterscheiden sind, kann nicht abschließend beantwortet werden. In den vielen Jahrzehnten, in denen sich die psychologische Forschung mit dieser Frage beschäftigt hat, ist sie sehr unterschiedlich beantwortet worden. Dies hat nicht zuletzt damit zu tun, dass sich die verschiedenen Modelle auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus bewegen. Das sehr prominente Modell von McClelland (1985) arbeitet beispielsweise mit nur drei Motiven: Macht, Leistung und Anschluss. Der klassische Ansatz vom Maslow (1954) differenziert hingegen fünf Gruppen von Motiven: physiologische Bedürfnisse, Sicherheit, Zugehörigkeit und Liebe, Achtung und Selbstverwirklichung. Das Modell von Murray (1938) listet nicht weniger als 27 Motive auf. Ziel dieser Theorien war allerdings die Beschreibung von allgemeinen Motiven eines Menschen und nicht die Beschreibung von Arbeitsmotiven. Die berufliche Tätigkeit stellt nur einen spezifischen Lebensbereich dar, in dem sich die Motive potentiell befriedigen lassen.
Das Inventar zur Erfassung von Arbeitsmotiven (IEA) bezieht sich von vornherein auf die Messung von Motiven, die speziell im Arbeitskontext zu befriedigen sind. Dabei werden zunächst 16 Arbeitsmotive beschrieben (Selbstbezug, Autonomie, Entwicklung, Abwechslung, Selbstwert, Führung, Materielles, Macht, Ansehen, Leistung, Komfort, Prosozialität, Anschluss, Aktivität, Sicherheit, Work-Life-Balance), die sich faktorenanalytisch zu vier Motiven zweiter Ordnung gruppieren lassen (Individualität, Karriere, Soziales, Privatleben). Je nach Anwendungsziel können somit sehr feingliedrig einzelne Motive oder eher übergeordnete Orientierungen unterschieden werden.