Während vor rund zwanzig Jahren die Jugendlichen im Alter von 12 bis 19 Jahren in den meisten Fällen das Internet nur für einige Stunden im Monat oder in der Woche nutzten, ist es mittlerweile normal, dass mehrere Stunden täglich am eigenen Handy oder Smartphone verbracht werden. Zurzeit sind es etwa 4 Stunden am Tag, die Jugendliche online sind.
Seit der Pandemie ist die Benutzung noch einmal sprunghaft angestiegen. Daher ist es eine wichtige Frage, welche Risiken die Digitalisierung für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hat, aber auch, welche Chancen sie eventuell für die psychotherapeutische Versorgung bietet. Das neue Schwerpunktheft von „Kindheit und Entwicklung“ beschäftigt sich mit diesem Themenkreis.
Die Risiken der Digitalisierung auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen
Für die meisten Menschen stellten die Lockdown-Maßnahmen während der COVID-19-Pandemie eine große Belastung dar. Schon kurz nach dem COVID-19-Ausbruch warnten Forschende davor, dass die vielfältigen Belastungen durch die Pandemie zu einem Anstieg von Internetnutzungsstörungen (INS) führen könnte. Für das Jugendalter sind hier insbesondere die Nutzung von Videospielen, sozialen Netzwerken und Streamingdiensten relevant.
Während der COVID-19-Pandemie zeigte sich eine deutliche Zunahme in der Internetnutzung, insbesondere bei Jugendlichen. So verbrachten 10- bis 18-Jährige im Sommer 2020 pro Tag durchschnittlich etwa sechs Stunden im Internet, was deutlich über den ermittelten Nutzungszeiten anderer Studien vor der Pandemie lag. In einer Studie von Neumann und Lindenberg zeigte sich, dass die Symptome der abhängigen Internetnutzung während der Pandemie signifikant zunahmen und gleichzeitig die Lebensqualität abnahm (z.B. durch Schlafstörungen etc.).
Sozialpsychologische Gruppenphänomene, zeigen in der digitalen Lebenswelt verstärkte Dynamiken, auch wenn sie schon vorher, also offline existierten, dazu gehört z.B. Cyberbullying. Bereits bekannte Störungsbilder wie Essstörungen, selbstverletzendes Verhalten, suizidales oder hypochondrisches Verhalten werden durch die Nutzung von bestimmten Online-Anwendungen verschlimmert. Ansteckungs- oder soziale Vergleichseffekte während der Nutzung von sozialen Netzwerken wie Instagram könnten hier eine Rolle spielen.
Selbst wenn Internetnutzungsstörungen während der Pandemie zunahmen, wies ein Großteil der Jugendlichen auch während der Pandemie eine angemessene Internetnutzung auf. Für viele Jugendliche stellten die höheren Online-Zeiten möglicherweise eine sinnvolle Bewältigungsstrategie dar, um mit den Belastungen der Pandemie umzugehen.