Vielen geht es am Ende eines Jahres ähnlich – die Kraft scheint erschöpft zu sein. Drei Jahre Pandemie, Sorgen über Krieg und Klimawandel, über Inflation, Energie und Gesundheit sorgen für schlaflose Nächte, ein Gefühl des Ausgebranntseins, für Ängste, vielleicht für Depressionen. Wenn man nun versucht, zur Ruhe zu kommen, sich Zeit zu nehmen, dann kann der Griff zum Stift oder zur Tastatur ein wirksamer Schritt zur Besserung sein.
Expressives Schreiben
James W. Pennebaker, ein wissenschaftlich tätiger Psychologe, entdeckte im Rahmen eines Experiments Mitte der 1980er Jahre das therapeutische Potenzial des Schreibens. Pennebaker fiel auf, dass vor allem diejenigen, die nicht über ihre traumatischen Erfahrungen mit anderen Menschen sprachen, kränker waren, häufiger zum Arzt gingen; vor allem bei schweren Traumatisierungen war der negative Effekt des Schweigens deutlich. Die Frage war, ob es positive Effekte hätte, wenn man Menschen dazu ermutigen würde, über traumatische Erlebnisse zu sprechen oder gar zu schreiben.
Im Experiment wurde die eine Gruppe der teilnehmenden Studierenden gebeten, an vier aufeinander folgenden Tagen jeweils 15 Minuten täglich über eine traumatische, belastende Erfahrung zu schreiben, die andere Gruppe über ein eher oberflächliches Erlebnis. Die Ergebnisse des Experiments erstaunten die Fachwelt und Pennebaker selbst. Diejenigen, die über traumatische Erfahrungen geschrieben hatten, benötigten in den Folgemonaten deutlich weniger medizinische Betreuung, waren weniger krank, viele gaben sogar an, das Schreiben habe ihr Leben verändert.
Seitdem wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen, dass das expressive Schreiben Heilungsprozesse in Gang setzen kann, sowohl in der körperlichen als auch in der psychischen Gesundheit. So wurde etwa eine blutdrucksenkende Wirkung festgestellt, eine Verbesserung der Funktion des Immunsystems sowie des psychischen Wohlbefindens und die Abnahme depressiver Symptome. Tatsächlich ist das Expressive Schreiben eine der wissenschaftlich am besten untersuchten Techniken im Selbsthilfebereich.