Fazit: Chancen nutzen, Herausforderungen bewältigen
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) bieten großes Potenzial, um die psychische Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Sie könnten Versorgungslücken schließen, Wartezeiten verkürzen und jungen Menschen gezielt Unterstützung bieten – flexibel, ortsunabhängig und passgenau. Doch dieses Potenzial bleibt bisher weitgehend ungenutzt.
Wie dieser Artikel zeigt, stehen der Entwicklung und Implementierung von DiGAs für Kinder und Jugendliche große Hürden im Weg: Der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit, die hohen Anforderungen an Studien und Entwicklung, spezielle Risiken wie Datenschutz und die strengen regulatorischen Vorgaben machen die Umsetzung besonders anspruchsvoll. Diese Kombination aus hohen Anforderungen und Komplexität führt zu einer sehr geringen Anreizsituation für Hersteller und Entwickler: Die Zielgruppe ist kleiner und schwerer zu erreichen, während die Kosten und Risiken hoch und unkalkulierbar sind.
Das aus dieser Situation resultierende fehlende Angebot steht der hohen Nachfrage von Kindern und Jugendlichen nach digitalen Angeboten gegenüber. Diese Lücke birgt die Gefahr, dass unregulierte Apps zur ersten Wahl werden – Angebote, die keine Anforderungen an Wirksamkeit, Sicherheit oder Datenschutz erfüllen. Für Kinder und Jugendliche mit psychischen Störungen könnte dies eine digitale Fortsetzung der bestehenden Unterversorgung bedeuten. Dass gleichzeitig immer mehr DiGAs für Erwachsene zugelassen werden, wirkt für Kinder und Jugendliche, die auch per Gesetz ein Recht auf digitale Gesundheitsversorgung hat, benachteiligend.
Um dieses Problem zu lösen, braucht es eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten: Wissenschaftler*innen, Behandler*innen, Entwickler*innen, Politik und Krankenkassen. Nur durch gezielte finanzielle Förderung, praxisnahe Unterstützung bei der Zulassung und klare Anreize für die Entwicklung können DiGAs ihr volles Potenzial entfalten. Das Ziel muss es sein, evidenzbasierte, sichere und altersgerechte digitale Angebote bereitzustellen, die den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen gerecht werden und die psychische Gesundheitsversorgung nachhaltig verbessern.