Pflege – Auf den Knien und gebeugt am Boden – Demut und Verantwortung
Trotz aller Mode am Hochbeet – woran ja auch die Gartentherapie und die Therapiegärten nicht unbeteiligt sind, findet das Ganze, was wir so tun, halt doch zu unseren Füssen statt. In gebückter demütiger Haltung über den Boden kriechend. Nelson Mandela spricht hier davon, dass der Garten, wie ein zu pflegendes Kind sei und er beschreibt weiter: „Einen Samen in die Erde zu legen, ihm beim Wachsen zuzusehen, die Pflanze zu pflegen und dann zu ernten bot eine einfache, aber dauerhafte Zufriedenheit.“ Sich um etwas zu kümmern, Verantwortung zu übernehmen ist keine wirkliche Bürde für uns Menschen, wenn wir diese uns selbst ausgesucht haben. Auch hier kann man gerne an seine Kinderzeit zurückdenken. Wer hatte beispielsweise nicht irgendwann den Drang zum Haustier. Die Verantwortungsübernahme für andere Menschen ist ein bedeutsamer Faktor, wir wissen aus Untersuchungen, dass es sogar einer der sichersten Wege zum persönlichen Glück darstellt. Im Garten sehen wir, wie wir dieses auch auf unsere nichtmenschliche Umwelt übertragen. Also eben nicht „Macht Euch die Erde untertan“, sondern: „…auf dass ihr sie pfleget und bewahret“. Mit der Aussaat starten wir Prozesse, mit der Pflege begleiten wir sie. Wir geben also auch etwas an die Eigenverantwortung der Pflanze zurück. Und wenn dort die Dinge dann gedeihen, dann ist das ein Bild für Lebenskraft. In unserem Garten steht dafür das Aufplatzen der Knospen, die sich um Stäbe windenden Ranken der Bohnen oder die Ausbildung von Blüten.
Manchmal ist es aber nicht nur die Begleitung des Wachsens, die uns als Symbol guttut, sondern sogar das vermeintliche Gegenteil. Das Herausreißen, das Entfernen, das Luft schaffen. Frau Dr. Branka Antić-Štauber von der Organisation "Snaga žene" im bosnischen Tuzla behandelt vor Allem Frauen und Kinder, die im Bosnienkrieg so Schlimmes erlebt haben. Mord, Vergewaltigung, Verschleppung. Und Sie erzählt davon, wie diese Frauen aus Gefangenschaft und Folter heimkehrten und wie sie daheim auch ihre Gärten verwildert und zugewachsen vorfanden. Eben jene Arbeit, nämlich dort wieder Luft zu schaffen, aufzuräumen, so Antić-Štauber hatte beobachtbar einen so positiven Effekt für die Frauen gehabt, - eben, weil sie es auf sich übertragen konnten,- dass die Einrichtung dadurch beschloss Gartentherapie in ihr Behandlungsspektrum aufzunehmen. Wenn also auch Sie mit Hingabe in Ihrem Garten für Ordnung sorgen, so besteht kein Grund dazu, dieses irgendwie abzuwerten. Möglicherweise brauchen Sie genau das und es ist gut, wenn Ihnen ihr Gärtnern das bietet. Gärtnern bedeutet mit offenen Augen zu beobachten und wahrzunehmen, was dieser Organismus Garten denn gerade benötigt. Positives Gärtnern bedeutet gleichzeitig auch darauf zu achten, was einem dieses darüber erzählt, was einem selbst guttut.