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Gute Behandlung in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik

Peer Abilgaard, Stefan Büchi, Sabine Claus und Cosima Locher geben mit „Gute Behandlung in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Ein Wegweiser für den Berufseinstieg“ das Buch heraus, das viele in diesen Bereichen Tätige selbst gern während ihres Berufseinstiegs gehabt hätten. Vielschichtig, ehrlich und konsequent aus der Praxis heraus, schildern die Autor*innen die Kernelemente einer guten Behandlung. Wir haben mit den Herausgeber*innen über Glück und Scheitern, über die Rolle der therapeutischen Beziehung und vieles mehr gesprochen.

Koepfe zugewandt gute Behandlung in Psychotherapie und Psychiatrie

Kann man in wenigen Worten umreißen, was „gute Behandlung“ ausmacht, was der Kern bestmöglicher Behandlung ist?

Cosima Locher:
„Gute Behandlung“ ist für mich viel mehr als eine effektive Behandlung. Es geht nicht nur um Symptomreduktion. Gute Behandlung ist für mich etwas sehr Integratives und Holistisches, das die verschiedensten Ebenen des Seins umfasst. Gedanken, Gefühle und den Körper. Wir legen in unserem Buch bewusst den Fokus auf Berufseinsteiger*innen, es soll nicht nur für Patient*innen gut sein, sondern auch für die behandelnde Person. In der Therapie sind wir immer in Interaktion, beide Seiten müssen ihre Definition von „gut“ finden, so kann ein gemeinsames Narrativ entstehen.
Wir möchten mit dem Buch ein Wegweiser sein, in Beziehung treten.

Peer Abilgaard:
Wir haben auch zusammen beim Schreiben dieses Buches dieses Narrativ entwickelt. Das Evidenzparadigma, aus dem es kommt, aus einer Metaebene anzuschauen und in Frage stellen zu dürfen, war wohltuend und hat demütig gemacht. Die Idee war, ein Buch zu schreiben, das wir selbst gern gehabt hätten, als wir angefangen haben. Was machst du vor der ersten Therapiestunde? Wie gehst du mit deinen Ängsten oder Unsicherheiten um? Was andere erwarten, was ich von mir selbst erwarte usw. Stefan (Büchi) hat gesagt, entscheidend ist doch nicht nur, was wir machen, sondern wie wir es machen! Das ist für mich eine gute Zusammenfassung, was dieses Buch ausmacht. Das „Wie“ kommt in den meisten Manualen zu kurz, da steht  immer nur das „Was“ drin. Es ist ein Buch über das „Wie“ und „Was“ und wie beides in Beziehung steht. 

Stefan Büchi:
Gute Behandlung ist das, was hilft, also das Leiden von Patient*innen lindert. Der Kern dieser guten Behandlung beinhaltet – immer aus Sicht des Patienten –  drei Aspekte:  1. Die Expertise, also die Einschätzung, dass die Therapeutin als kompetente Fachperson wahrgenommen wird. 2. Die Plausibilität – die Patient*in muss den Prozesse der Therapie als einleuchtend und verständlich erleben.  Der dritte wohl entscheidende und grundlegende Aspekt ist die  Qualität der Beziehung, die durch Vertrauen und Sympathie zur Therapeutin, zum Therapeuten gekennzeichnet ist. 

Sabine Claus:
Der Kern ist für mich eine vertrauensvolle Beziehung, die sich beispielsweise in der Gesprächsqualität zeigt. In einer tragfähigen Beziehung kann schwierigen Aspekten Raum gegeben werden. In solch einem Raum entfalten sich die Selbstheilungskräfte. Patient*innen hoffen auf das Know-how ihrer Behandler*innen. Dieses wirkt dann gut, wenn sich die Patient*innen wohl und sicher fühlen. Wichtig ist auch die Nachhaltigkeit. Patient*innen bleiben ja, wenn sie sich in stationäre Behandlung begeben, relativ kurz in dieser Institution. Davor und danach versuchen sie es auf eigene Faust oder mit ambulanter Behandlung. Gute Behandlung nutzt Synergien der einzelnen Behandlungsaspekte inkl. dem Einbezug von Angehörigen.

 

„Die Person und Qualität der menschlichen Beziehungsgestaltung sind das wichtigste Heilmittel“, heißt es im Buch. Was würden Sie sich für die Ausbildung in Psychiatrie und Psychotherapie wünschen?

Peer Abilgaard:
Wenn ich mir etwas wünschen könnte in der Ausbildung gerade für die P-Fächer, dann ist es eine stärkere Verschränkung zwischen Forschung und Klinik. Dass das praktische Tun, gerade auch in therapeutischen Prozessen, sich mehr mit den theoretischen Curricula verschränkt. Es wäre wünschenswert, dass man die Lernenden in diese Praxis hineinbringt, unter Wahrung des Schutzes der therapeutischen Beziehung. In der Musik gibt es z.B. Open Lectures, in denen sich Lehrende und Lernende Stunden anschauen können. Vielleicht legen wir mit unserem Buch einen kleinen Baustein für eine offenere Kultur. „Lernen am Vorbild“ könnte es in Zukunft auch in diesem Bereich geben.

Cosima Locher:
Ich begegne manchmal Studierenden in den Vorlesungen, die sich fragen, wieso die viele Theorie? Das finde ich schade, ich finde, es braucht eine viel größere Brücke zwischen „Ich arbeite psychotherapeutisch, psychiatrisch“ und „Ich kenne die Theorie“ . Ich glaube, wenn wir die Theorie kennen, können wir viel ethischer auch in unserer Kommunikation mit Patient*innen sein. Man kann nicht sagen, welche Psychotherapie besser ist, es gibt aber Ansätze, die explizierter sind etwa in der Bedeutung der Beziehung. „Ich bin bezogen, ich bin achtsam, ich richte meine Aufmerksamkeit nach innen, ich bin prozessorientiert“. Das sind Dinge, die schwer erfassbar sind, aber sie sollten einen höheren Stellenwert bekommen, auch in Therapie-Manualen. Ich glaube, darin unterscheiden sich die Schulen. Das explizit zu machen, das wäre für mich ein Wunsch.

Sabine Claus:
Ich werde als Organisationsberaterin, Trainerin und Coach dann angesprochen, wenn es Konflikte gibt oder bei Führungsproblemen. In einem konfliktären Umfeld zu arbeiten, ist für die Ratsuchenden sehr belastend. Ich würde mir wünschen, dass dieser Aspekt in der Ausbildung zumindest kurz angeschaut würde. Teamarbeit ist wichtig, auch gute Führungsarbeit. Ich sehe, dass da zum Teil sehr großer Nachholbedarf ist, weil diese Themen nicht auf der Agenda stehen.

Stefan Büchi:
Ich denke, dass die Vermittlung von Wissen oder von Kompetenzen in der interpersonalen Kommunikation zu spät erfolgt und geprüft wird. Die Selektion läuft über andere Kompetenzen. Für die Ausbildung würde ich mir wünschen, dass ab dem Punkt, wo es um die Psychotherapie-Ausbildung im engeren Sinne geht, die Bedeutung der Beziehung höher gewichtet wird, als es jetzt der Fall ist. In der Physiotherapie-Ausbildung z.B. lernt man von Beginn an, dass die Beziehung 50% der Wirkung ausmacht, in der Medizin, also der Ausbildung zum Psychiater, ist das bisher nicht so. Ein wesentlicher Teil der Wirksamkeit therapeutischer Arbeit liegt im „Wie“, also in der Art und Weise, wie therapeutische Prozesse umgesetzt werden. Die Form der Umsetzung ist so wichtig wie das „Was“, also die Technik, oder der spezifische Inhalt. Dieses Wissen wurde mir in meiner ganzen Ausbildung nie vermittelt, und das sollte sich in Zukunft ändern.
 

Wenn die Person oder die Persönlichkeit der therapierenden Person so wesentlich ist, kann dann überhaupt jede*r einen solchen Beruf erlernen und ausüben?

Peer Abilgaard:
Nein! Man sollte die Menschen lieben! Man sollte eine gewisse Menschenliebe mitbringen und Einfühlungsvermögen. Das sind, glaube ich, die Persönlichkeitseigenschaften, die schwer nachholbar sind. Die unbedingt in ein Curriculum hineingehören als wichtiger Aspekt.

Cosima Locher:
Ich kann mich nur anschließen. Man muss interpersonelle Fähigkeiten und Fertigkeiten haben, Emotionen wahrnehmen können, Wärme und Akzeptanz einbringen. Ich möchte auch betonen, dass das Alter gar nicht so wichtig ist. Es gibt immer wieder Studien, die sagen, dass Neueinsteiger*innen genauso gut sind wie Erfahrene. Ich glaube, ältere Therapeut*innen haben sicher einen hohen Erfahrungsschatz, aber Neueinsteiger*innen haben eine hohe Motivation zu lernen, auch aus Dingen zu lernen, die nicht geklappt haben. Es sind verschiedene Qualitäten, die sich wahrscheinlich aufwiegen.

Stefan Büchi:
Ich glaube auch, dass nicht jede Person eine psychotherapeutischen  Arbeit ausüben sollte. Die Grundlage für eine Erfüllung in diesem anspruchsvollen Berufsfeld ist eine Grundmotivation zu helfen, eine Form der Menschenliebe, eine Fähigkeit zur Empathie und ein intrinsisches Interesse für andere Lebenswelten. 

Sabine Claus:
Personen, die in Erwägung ziehen, therapeutisch zu arbeiten, sollten ihre Motive gut hinterfragen. Wenn jemand an der puren Fachlichkeit Freude hat, dann wäre gründlich zu prüfen, inwieweit man wirklich intensiv mit Menschen zu tun haben möchte – Tag für Tag für Tag. Da sollte man als Studierende*r sehr ehrlich mit sich sein. MMMM - Man Muss Menschen Mögen, das ist die Voraussetzung für eine gute Passung und langfristige Zufriedenheit in Beruf.

 

Welche Rolle spielen Kontextfaktoren in der Therapie?

Stefan Büchi:
Ich denke, dass für die Therapie der Kontext, das Beziehungsnetzwerk, die Erwartungen der Patient*innen an den spezifischen Kontext sehr wichtig sind. Gerade in einer Klinik, wo so viele therapeutisch Tätige wirken, ist das Vertrauensverhältnis der Therapierenden untereinander sehr wichtig. Was bspw. die Pflegefachpersonen der Klinik von Professor Büchi halten, hat einen großen Effekt darauf, wie erfolgreich ich therapieren und in der Klinik wirken kann.

Cosima Locher:
Ich komme aus der Placebo-Forschung. Wieso wirkt Zucker? Es wirkt nicht nur auf meiner Gefühlsebene, sondern es wirkt auch neurologisch. Wieso wirkt Zucker, wieso wirkt Psychotherapie? Das ist natürlich nicht das Gleiche, aber die Mechanismen, die dahinter liegen, sind ähnlich. Wir haben eine Beziehung, wir haben ein Vis-a-Vis, dem wir vertrauen. Wo wir das Gefühl haben, da ist Expertise, ich darf mich vertrauensvoll hingeben. Ich fühle mich verstanden, ich fühle mich gesehen. Es wirkt auch, weil ich gewisse Erwartungen, weil ich Vorerfahrungen habe. Es ist ebenso zentral, dass man die Zielsetzung und die Auftragsklärung gut bespricht, es ist wichtig, dass man das Gefühl hat, man hat ein gemeinsames Verständnis, was man da tut und ob es gut ist. Für mich haben die Kontextfaktoren den wichtigsten Stellenwert. Das ist für mich der Boden, auf dem man aufbauen kann.

Welche Rolle spielt das Arbeitsumfeld, die Organisation, wenn ich therapeutisch arbeite, gibt es hier Besonderheiten, ist etwas anders als in anderen Berufen?

Sabine Claus:
Das Arbeitsumfeld ist sehr wichtig. Therapeut*innen brauchen neben Konzentration auch viel Empathie. Das kann auf Dauer anstrengend sein und in eine Empathie-Fatigue münden. Deshalb ist ein gutes Arbeitsklima zentral. Wenn am Arbeitsplatz schlechte Stimmung herrscht oder man sich im Kolleg*innenkreis unwohl fühlt, quasi keinen sicheren Hafen hat, wird das Maß an Belastung übermäßig groß.
Ein weiterer Aspekt besteht darin, dass insbesondere Krankenhäuser und Kliniken anders funktionieren als viele andere Organisationen. Rollen im therapeutischen Aufgabenfeld können hier nicht interessenbezogen verteilt werden. In Kliniken arbeiten im eigentlichen Leistungsbereich der Therapie Menschen, die ein enormes Maß an Expertise aufgebaut haben. Dieses ist nicht mal schnell experimentell in ein paar Wochen erlernbar.

Eine zusätzliche Besonderheit: Wenn z.B. eine Psychiaterin das falsche Medikament verordnet haben sollte, trägt sie die volle Verantwortung. In Kliniken geht es um das, was uns allen mit am nächsten ist: Unsere leibliche und seelische Integrität, unsere Gesundheit. Wir haben es hier mit anderen Verantwortungen zu tun als in vielen anderen Organisationen. Aus diesem Grund sehen wir dort häufig streng hierarchisch geprägte Organisationskulturen mit großem Gefälle, auch wenn man sich um Menschenorientierung, flachere Hierarchien und Interprofessionalität bemüht.

Hinzu kommt, dass vielfach das über viele Jahre aufgebaute Know-how der fachlichen Expert*innen besonderes Gewicht hat. Eine mögliche Folge: Anfänger*innen werden nicht ausreichend ernst genommen. Berufsanfänger*innen sind deshalb sicher gut beraten, einerseits Respekt vor dem dienstälteren Kolleg*innen mitzubringen, andererseits jedoch keine Angst zu haben, sich selbst einzubringen. Denn Fehler könnten vermieden, neue Wege beschritten werden, wenn sich Berufseinsteiger*innen trauen würden, ihre Beobachtungen, Überlegungen und Hypothesen angstfrei einzubringen.

Cosima Locher:
Die Frage ist ja auch: Was bedeutet es für Berufsanfänger*innen in eine neue Organisation zu kommen? Es ist immer noch hoch komplex, implizite Regeln kennen zu lernen z.B. Das alles zu lernen, ist an sich sehr anstrengend und sollte mehr gewürdigt werden. Was ich häufig gehört habe, war der Wunsch nach einer Begleitperson, wenn man einsteigt; jemand, der einen ein bisschen durchführt. Mentoringprogramme, Patenschaften und ähnliches wären wichtig.

Peer Abilgaard:
Wir sind in den therapeutischen Berufen natürlich in einem besonderen Spagat, in Deutschland etwa durch das Gesundheitsstrukturgesetz von 1994. Es braucht – um es positiv zu formulieren – eine kluge Kooperation zwischen den therapeutisch tätigen Menschen und den ökonomisch Verantwortlichen. Günstigstenfalls ist auch die Öffentlichkeit einzubinden in diesen Kontext. Was ungünstig ist, ist, dass es dann auf dem Rücken der Patient*innen ausgetragen wird. Wenn ich depressiv oder gar suizidal bin, möchte ich nicht diskutieren müssen, wie lange ich bleiben darf, da muss ich die Hilfe der Solidargemeinschaft in Anspruch nehmen dürfen.

Ein nicht unerheblicher Teil des Buches ist dem Scheitern gewidmet. Warum ist es notwendig, auch hierüber zu sprechen, wenn es doch um das Bestmögliche geht?

Peer Abilgaard:
Ich glaube, das ist ein Thema, das günstigstenfalls jetzt erst richtig losgeht und vielleicht kann das Buch einen Impuls geben zu weiterem Nachdenken. In der Ausbildung ist es sicherlich didaktisch sinnvoll, nicht gleich übers Scheitern zu sprechen. Aber für die therapeutische Begegnung ist es sehr nützlich, das zu enttabuisieren. Auch z.B. bei der Gestaltung des Therapievertrages, sollte man sich darüber unterhalten, dass es vielleicht Risiken und Nebenwirkungen gibt. Wie geht man dann damit um? Bis hin zu der Ebene, diesen Begriff an sich genauer anzuschauen und zu fragen: Wer definiert eigentlich, dass z.B. eine Therapie gescheitert ist? Manches, was von außen wie eine gescheiterte Therapie aussehen mag, ist vielleicht bei näherem Hinsehen gar keine.
Scheitern steht nicht gut im Kurs. Wer scheitert, steht auch gesamtgesellschaftlich oft nicht sehr hoch im Ansehen. Durch die Sozialen Medien gibt es eine neue Form von Tabuisierung, glaube ich auch. Es gehört aber eigentlich zur Würde des Menschen, dass man auch scheitern darf.

Sabine Claus:
Ich wünschte mir im Arbeitsleben eine Kultur, in der Scheitern nicht als ausschließlich negativ wahrgenommen wird. Scheitern sollte normaler werden, ja vielleicht sogar als etwas gesehen werden, das in der eigenen Biografie als wertvoller Entwicklungsimpuls gesehen werden kann.

Cosima Locher:
Ja, wenn wir in der Forschung schauen, wo Lernprozesse stattfinden, dann ist das immer dort, wo ein Fehler entsteht. Ich würde auch sagen: Im Scheitern liegt immer eine Chance.

Haben Sie einen persönlichen „Das hätte ich gern früher gewusst!“-Tipp für Berufsanfänger*innen?

Cosima Locher:
Mir hätte es geholfen, Vertrauen in meine eigenen Skills zu haben. Dass vieles schon da ist, unabhängig von dem, was man noch alles lernen kann. Und das andere: Wie schön Forschung sein kann! Dass auch die Forschung sehr vielseitig ist und man vielleicht suchen muss: Was ist denn mein Zugang? Die Forschung ermöglicht es in einen Reflektionsprozess zu kommen, der dann auch der eigenen Praxis zugutekommt.

Stefan Büchi:
Ich hätte gern früher gewusst, dass Patient*innen in ihrer Situation zu verstehen, heilsam ist und eine empirisch messbare Kraft ist. Wir brauchen in der Medizin ein Gesamtmodell, in dem auch die sozialen Beziehungen als Wirkkräfte berücksichtigt werden. Von daher glaube ich, dass wir das aktuelle bio-medizinische Modell dringend erweitern müssen und die durch soziale Interaktionen aktivierten Selbstheilungskräfte stärker gewichten müssen. Die empirisch belegte Heilkraft sozialer Beziehung sollte für die nächste Generation von Ärzt*innen und Psycholog*innen zu einer Selbstverständlichkeit werden und die Medizin der Zukunft nachhaltig verändern.

Sabine Claus:
Ich hatte bei meinem Berufseinstieg das große Glück, Mentor*innen zu haben, die ich vieles fragen konnte. Das hat mir enorm geholfen. Berufsanfänger*innen wünsche ich, dass sie mutig und authentisch ihren Weg beschreiten. Und sich zugleich ihre Leichtigkeit bewahren. Geduld ist wichtig. Die neue Generation ist möglicherweise ein bisschen ungeduldiger, weil sie gelernt hat, dass vieles mit dem Drücken der Enter-Taste kommt. Ich glaube, dass es im Berufseinstig hilft, etwas wachsen zu lassen, den Dingen eine Chance zu geben.

Peer Abilgaard:
Ich glaube, dass es toll ist, dass wir jetzt leben und jetzt in diesem Beruf da sind, denn noch nie war die Fülle größer, aus der wir schöpfen können. Weil die Forschung so breit ist. Bei der Annäherung zwischen Forschung und Klinik ist viel in Bewegung gekommen. Ich hoffe aber, dass es immer weiter geht. Und ich hoffe auch, dass die Vielstimmigkeit so bleibt und nicht von Machtinteressen dominiert wird. Weil z.B. ein Evidenzparadigma ganz vielfältig ist. Ich hoffe und glaube, dass die Mehrdimensionalität, die unser Fach in sich birgt, immer weiter bestärkt wird.

Sie würden sagen: Ich würde nochmal diesen Beruf ergreifen!?

Stefan Büchi
Ohne Zweifel und Zögern: Ja! Ich durfte in den vergangenen 30 Jahren als Psychiater so viel Schönes, Berührendes erleben. Und – ich habe in meinem Beruf so viel über menschliches Leben gelernt, wie es mir wohl in keiner anderen Weise möglich gewesen wäre.

Peer Abilgaard:
Ja, sofort, die tollste Sache überhaupt. Das eint uns vier auch, dass wir durch unseren Beruf auch frohe Menschen sind. Dazu wollen wir die anderen auch einladen mit diesem Buch.

 

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Prof. Dr. med. Peer Abilgaard

Prof. Dr. med. Peer Abilgaard ist Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Diplom-Gesangpädagoge und Diplom-Instrumentalpädagoge. Er studierte Medizin an den Universitäten Köln und Paris, sowie Gesang und Trompete an der Hochschule für Musik und Tanz Köln.
Opernengagements führten den Countertenor als Gastsolist an das Staatstheater Darmstadt und die Opernhäuser in Halle, Gera, Altenburg und Bonn. Peer Abilgaard ist Chefarzt der Abteilung für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an den SANA-Kliniken Duisburg.
Parallel ist er Professor für Musikermedizin an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln.
Als Autor beschäftigt er sich mit resilienz- und würdeorientierten Ansätzen in der Psychotherapie, dem Stellenwert nonverbaler Psychotherapie (speziell der Musiktherapie) und einer ichstärkenden Musikpädagogik.

Prof. Dr. med. Stefan Büchi

Prof. Dr. med. Stefan Büchi ist Psychiater und Psychotherapeut mit speziellem Interesse für Psychosomatik. Seine wissenschaftliches Hauptinteresse liegt im Verständnis des subjektiven Erlebens und der Bewältigung chronischer Krankheiten. Dazu hat er PRISM (Pictorial Representation of Illness and Self Measure) entwickelt, ein neuartiges visuelles Instrument zur Erfassung des subjektiven Leidensdruckes.

Er war viele Jahr als Leitender Arzt für die Konsiliarpsychiatrie am Universitätsspital Zürich verantwortlich, bevor ver on 2013 bis 2022 Ärztlicher Direktor der psychiatrisch-psychotherapeutischen Privatklinik Hohenegg in Meilen bei Zürich war. Seither leitet er den Fachbereich Psychiatrie der mediX Gruppenpraxis in Zürich-Wipkingen.

Foto: Mit freundlicher Genehmigung Privatklinik Hohenegg, CH-Meilen, Fotografin: Anna-Tina Eberhard, CH-St. Gallen

Sabine Claus

Sabine Claus ist Master of Advanced Studies in Coaching & Organisationsberatung sowie Betriebswirtschaftlerin. Seit dem Jahr 2000 unterstützt sie Organisationen, Teams und Einzelpersonen in Veränderungs- und Entwicklungsprozessen.
Sie ist Trainerin und begleitet Berufsfachleute in den Bereichen Selbst- und Mitarbeiterführung, Kommunikation und Geschäftsentwicklung, Teamarbeit und Konfliktmanagement, Laufbahnplanung und Auftrittskompetenz.
Neben ihrer Tätigkeit in der Beratung arbeitet sie in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Privatklinik Hohenegg in Meilen bei Zürich als Team- und Projektleiterin sowie als Buchautorin.

Dr. phil. Cosima Locher

Dr. phil. Cosima Locher hat an der Universität Basel promoviert und forscht aktuell an der Klinik für Konsiliarpsychiatrie und Psychosomatik am Universitätsspital Zürich. Sie war bis zum 31. Mai 2022 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Privatklinik Hohenegg. Die Forschung von Frau Locher wird seit mehreren Jahren durch den Schweizerischen Nationalfonds gefördert.
Dr. Locher beschäftigt sich in ihrer Forschung mit der Wirkung, den Mechanismen, sowie den klinischen Anwendungsgebieten von Placebos. Dabei fokussiert sie ebenfalls auf das vielversprechende Konzept der offenen Placebo-Vergabe. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Forschung konzentriert sich auf chronische Schmerzen verschiedener Altersklassen. 

Foto: Mit freundlicher Genehmigung Privatklinik Hohenegg, CH-Meilen, Fotografin: Anna-Tina Eberhard, CH-St. Gallen

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