Prof. Dr. Joachim Gardemann war weltweit in Krisengebieten als Arzt im Einsatz. In diesem Text und in seinem Buch „Humanitäre Hilfe“ beschreibt er Menschen in existenziellen Notlagen, seine Begegnungen hält er in Texten und Aquarellen fest. So sind beeindruckende Porträts entstanden, die ganz im Zeichen vom für Gardemann bedeutendsten Ziel der humanitären Hilfe stehen: der Wiederherstellung der menschlichen Würde der Opfer.
Von Prof. Dr. Joachim Gardemann
Irgendwann musste ich einfach einen redaktionellen Schlussstrich unter meine Berichterstattung ziehen, denn die humanitären Krisen und Katastrophen reißen einfach nicht ab. Im Gegenteil, die Meldungen über Opfer von Krieg, Gewalt, Umweltveränderungen und Globalisierung häufen sich offenbar und kommen uns auch geographisch immer näher. Galt humanitäre Nothilfe früher oft noch als Tätigkeit in den ärmeren Ländern des globalen Südens, so stellen wir zunehmend fest, dass wir überall, so auch in unserer direkten Nachbarschaft leidenden Mitmenschen in humanitären Notlagen begegnen, wenn wir nur genau hinschauen. Denken wir nur an die große gesellschaftliche Aufgabe der Versorgung und Integration der Zuflucht suchenden aus Syrien und seinen Nachbarländern in den Jahren ab 2015. Denken wir an die mehr als 100000 Todesopfer der Corona-Pandemie alleine in Deutschland und an die drastischen Einschränkungen und deren Folgen weltweit zur Eindämmung von Covid-19. Denken wir an die vielen Vertriebenen aus der Ukraine, die in diesen Tagen auf Schutz und Gastfreundschaft hoffen.
Vergessen wir dabei aber auch nicht die vielen Geflüchteten aus den arabischen oder afrikanischen Ländern, die derzeit schon oft seit Monaten und Jahren an den Außengrenzen der EU unter erbärmlichsten Lebensbedingungen vergeblich auf Einlass warten und oftmals bei der Flucht ihr Leben riskieren und auch verlieren. Denken wir daran, dass viele der von mir geschilderten und illustrierten humanitären Notlagen der vergangenen 25 Jahre bis zum heutigen Tage unverändert weiterbestehen. So sind die Konflikte im afrikanischen Zwischenseengebiet, auf dem Balkan, im Sudan und in Syrien ja keineswegs beendet worden, sondern derzeit nur aus dem Fokus der Medien verschwunden. Und die allgemeine Globalisierung und Mobilität von Menschen, Waren und Ideen zeigt zunehmend auch eine globalisierte Wirkung von Krisen und Katastrophen, erkennbar an einer dramatischen Nahrungsmittelknappheit ärmerer Länder aufgrund der Handelsbeschränkungen durch die Corona-Pandemie, aufgrund des globalen Klimawandels und aufgrund kriegsbedingt wegbrechender Nahrungsmittelerzeuger wie z.B. der Ukraine.