Menschen mit Impostor-Syndrome sind beruflich erfolgreich. Gleichzeitig werden sie von enormen Selbstzweifeln geplagt. Im Interview erklärt Sonja Rohrmann, wie sich das Hochstapler-Syndrom entwickelt und welche psychischen und sozialen Folgen es haben kann.
Frau Rohrmann, warum haben Sie sich mit dem Impostor-Syndrome beschäftigt?
Auslöser war eine Beobachtung, die ich an zwei Mitarbeiterinnen von mir gemacht habe. Die eine ist eine hochintelligente Frau, die ihr Abitur in Bayern mit 0,8 Punkten gemacht hat. Sie war sehr kompetent, hatte aber immer das Gefühl, dass sie eigentlich gar nicht gut ist. Als dann die zweite kam, die sich ganz ähnlich gefühlt hat, wollte ich der Sache auf den Grund gehen.
Dann sind Sie auf eine Arbeit von Pauline Rose Clance und Suzanne Imes gestoßen. Um was geht es da?
Das sind zwei Therapeutinnen und Professorinnen von der Georgia State University. Sie haben den Begriff „Impostor-Syndrome“ geprägt. Die beiden haben bereits Ende der 1970er Jahre beobachtet, dass es sehr erfolgreiche Studentinnen und Frauen gibt, die herausragende akademische Leistungen zeigen und trotzdem unter Selbstzweifeln leiden. Sie haben akademische Titel erworben, sind angesehene Koryphäen in ganz unterschiedlichen Berufsfeldern und haben Karriere gemacht. Trotz dieser objektiven Erfolgsindikatoren haben sie aber nicht das Gefühl, wirklich fähig zu sein. Stattdessen führen sie ihren Erfolg darauf zurück, dass sie sich übermäßig anstrengen oder einfach Glück haben, die richtigen Leute kennen, oder vielleicht einfach nur charmant und attraktiv sind, jedenfalls nicht kompetent. Und genau das hatte ich bei meinen Mitarbeiterinnen auch beobachtet.