"Die Freiheit in unserer Zusammenarbeit liegt nicht darin, ob wir Konflikte wollen oder nicht, sondern darin, wie wir sie bewältigen." Diesem Statement mit unbekannter Quelle begegnen wir schnell, wenn wir z.B. online dem Begriff Konflikt nachgehen. In der obigen Aussage liegt die Grundannahme, dass Konflikte unvermeidlich sind; und es lohnt sich, darüber etwas ins Nachdenken zu kommen, zumal der Begriff der Prävention in unserer Zeit stark an Bedeutung gewonnen hat.
Mittel der Prävention
Es macht sehr oft Sinn, gewissen Risiken vorzubeugen und Massnahmen zu treffen, damit diese Risiken nicht eintreffen. Wir nutzen alle die Mittel der Prävention, wenn es darum geht, sich nicht mit Krankheiten anzustecken, nicht der Sucht zu verfallen – in unseren Breitengraden wird es auch als sinnvoll betrachtet, eine "Altersvorsorge" zu betreiben, finanzielle und andere Mittel zurückzustellen, damit die Lebensphase im Alter noch einen bestimmten Grad an Qualität hat. Vorsorgen und Vorbeugen sind demnach erfolgversprechende Strategien in der Lebensgestaltung.
Und so kann es passieren, dass wir meinen, wenn wir es denn recht anpacken in der Kommunikation, richtig vorsorgen und möglichen Gefahren vorbeugen, dann könnten wir auch Konflikte vermeiden – weil, ach, sie sind so leidig und mühselig zu ertragen, und so schwer zu bewältigen…da lohnt sich doch die Aussicht auf ein konfliktfreies Zusammensein. Doch der Alltag lehrt uns eines Besseren; Konflikte begegnen uns allerorts, in der Familie, bei der Arbeit, in der Nachbarschaft, gar in langjährigen Freundschaften; wir werden involviert, sind mitten drin, werden zu Akteuren, "spielen mit" ohne die Regeln wirklich zu kennen geschweige denn zu beherrschen. Und stehen dann oft am Ende einer solchen Geschichte vor einem Scherbenhaufen, konfrontiert mit einem ganzen Bündel von unattraktiven Gefühlen der Enttäuschungen, des Versagens, des Nichtverstehens und Nichtverstandenseins. Solcherlei Gefühle sind alleweil keine gute Voraussetzung um einer nächsten Konfliktsituation mutig und zuversichtlich zu begegnen und so beginnt sich eine "Negativspirale" abwärts zu drehen und aufs Neue lagern wir in unserem Keller eine ganze Reihe von unangenehmen, unerwünschten und beunruhigenden Gefühlen.
Teilen wir hingegen obige Grundannahme und betrachten Konflikte als einen integralen Bestandteil unseres Lebens, dann können wir unsere Energie darauf richten, einen für uns sinnvollen und erfolgversprechenden Umgang mit ihnen zu finden, resp. zu lernen. Wenn wir z.B. in die Tropen reisen, vertrauen wir auf sach-logische Aspekte; wir glauben an die vielfältigen Erfahrungen und Erkenntnisse aus Forschung und Wissenschaft, und lassen uns präventiv impfen gegen mögliche Risiken, die unsere Gesundheit gefährden könnten.
Kommen Gefühle ins Spiel, also psycho-logische Aspekte, vertrauen wir weniger auf Erfahrungen der Allgemeinheit, wir wollen, resp. müssen selber erfahren, wie es ist; was auch immer dieses "es" genau ist. Gefühle sind eine absolut individuelle Angelegenheit. Ist für den einen eine Situation prekär ist sie für den anderen schlicht spannend, wird eine Situation von jemanden als sehr gefährlich eingestuft, wird sie von jemand anderem einfach als herausfordernd angesehen.