Emotionale Bedürfnisse werden nicht erkannt
Herr K. hält sich nicht an die Regeln der Wohngruppe. Frau O. kann sich keine Minute selbst beschäftigen, immer muss eine Begleitung bei ihr sein. Frau P. nimmt keine Rücksicht auf andere, macht nur, was sie will. Herr B. schmeißt die Teller durch die Gegend, wenn wir in der Gruppe essen wollen. Frau T. trägt ihre Puppe immer mit sich herum, wenn sie diese verlegt, wird sie angespannt, schreit und kann sich nicht beruhigen…
Diese und ähnliche Situationen treten in der Begleitung von Menschen mit SIE immer wieder auf. Sie zeigen oft Verhaltensweisen, die nicht ihrem biologischen Alter entsprechen. Wenn eine 16jährige Jugendliche mit schwerer SIE der Lehrerin auf Schritt und Tritt hinterherläuft, wirkt das Verhalten auf uns ähnlich wie das eines kleinen Kindes, das die Mutter nicht aus den Augen lassen kann. Hält sich der 46jährige Mann mit mittelgradiger SIE verkleidet mit Polizeimütze und Faschingsuniform an Spielplätzen auf und sucht Kontakt zu Kindern, kann das unangemessen und sogar übergriffig wirken - es erinnert aber auch an die Rollenspiele von Kindergartenkindern. Beide Verhaltensweisen sind Ausdruck emotionaler Bedürfnisse. Die Intention des Verhaltens wird in der Begleitung oft fehlinterpretiert, da die emotionalen Bedürfnisse, die dahinter liegen, nicht genügend erkannt und berücksichtigt werden. Auch fremd-, selbstverletzendes oder sachzerstörendes Verhalten kann oft durch emotionale Bedürfnisse bzw. das Nichtberücksichtigen dieser Bedürfnisse erklärt werden. Wir sehen den erwachsenen Menschen, schenken jedoch seiner Entwicklungsstörung und deren Auswirkungen auf seine Bedürfnisse in der Förderung und Begleitung zu wenig Beachtung.