Wie kann man das Verhältnis zwischen der evidenzbasierten Universitäts-Medizin und der „Außenseitermedizin“ beschreiben?
Universitäts-Medizin bedeutet eine evidenzbasierte, wissenschaftliche, durch Leitlinien und individuelle klinische Expertise geprägte Medizin. Nur positive Ergebnisse von Doppelblind-Studien erlauben ihren Einsatz in der Diagnostik, Therapie und Prävention. Diese Universitäts-Medizin ist Grundlage einer empathisch geprägten Medizin und sie schließt Qualitätsmanagement, Berufsethik mit gelebter Fehlerkultur und digitale Medizin mit ein.
Außenseitermedizin bedeutet deshalb Glaubens-Medizin, weil ein Wirksamkeitsnachweis in Doppelblind-Studien fehlt. Die beschriebenen Therapieergebnisse sind nahezu alle in Doppelblind-Studien als unwirksam beschrieben. Nur in Einzelfallbewertungen lassen sich positive Ergebnisse finden, allerdings ist die kausale Bewertung dann fast immer strittig.
Außenseitermedizin bedeutet Alternative Medizin, Komplementärmedizin und Placebo-Therapie. Jede Außenseitermedizin ist rituell und empathisch mit viel Zeit für die Patient*innen ausgestattet und sie kann deutliche Besserung bei einzelnen Befindlichkeits-Störungen erreichen.
Universitäts-Medizin und Glaubens-Medizin haben ein angespanntes Verhältnis, weil Ärzte die Sorge haben, dass durch die Einschaltung von Außenseitermethoden die wissenschaftlich fundierte einzig hilfreiche Therapie verzögert oder ganz verhindert wird. Die Methoden der Außenseitermedizin sind zur Behandlung organischer Krankheiten wegen ihrer Unwirksamkeit nicht geeignet. Um Schaden von Patienten mit organischen Krankheiten abzuwenden, sprechen sich daher fast alle wissenschaftlich ausgebildeten Ärzt*innen gegen die Anwendung von den meisten Außenseitertherapien aus.
Die Glaubens-Medizin mit der Placebo-Therapie an erster Stelle hat Ihre Berechtigung im häuslichen, Niedergelassenen-Bereich nur dann, wenn sich ihr Einsatz auf spezielle Befindlichkeitsstörungen beschränkt. Es müsste aber gesichert sein, dass dieses Zugeständnis nicht dazu führt, dass den Patient*innen eine wirksame Therapie vorenthalten wird. Beide Berufsgruppen – also Ärzte wie Heilpraktiker - müssen immer das Ziel einhalten: „Salus aegroti suprema lex“.
Ziel aller wissenschaftlich ausgebildeten Ärzt*innen sollte es zukünftig sein, Kompetenz nicht nur in der wissenschaftsbasierten Medizin, sondern auch in der Glaubens-Medizin zu entwickeln.