Gamification und die Befriedigung psychologischer Grundbedürfnisse
Unter Gamification versteht man die Nutzung spielbasierter Elemente aus Computerspielen für digitale Lernumgebungen. Diese sollen in besonderer Weise psychologische Grundbedürfnisse berücksichtigen und damit selbstbestimmtes Handeln der Lernenden fördern (Kapp, 2012; Sailor & Homner, 2020).
Digitale Lernumgebungen bieten zur Befriedigung des Autonomieerlebens oftmals viele verschiedene Wahlmöglichkeiten. Die ist der Fall, wenn Lernende selbstständig in der digitalen Lernumgebung interagieren, also verschiedene Möglichkeiten haben, selbst Aufgaben zu wählen und die Lernumgebung zu steuern. Des Weiteren ist das Lernen in digitalen, spielbasierten Lernumgebungen oftmals in eine narrative Rahmenhandlung eingebunden. So werden Ziele verständlicher und bewusster. Die Identifikation mit den Spielfiguren (z.B. in Form von Avataren) in spielbasierten Lernsettings ist ein weiteres Merkmal, welches das Bedürfnis nach Autonomieerleben befriedigen kann. Lernende können sich im Spiel mit den Protagonist*innen identifizieren. Diese Identifikation wird oftmals auch durch das Anlegen eines eigenen Accounts gestärkt.
Wenn digitale Lernumgebungen adaptiv sind – wie es Computerspiele oft anbieten und damit den Kompetenzstand der Nutzer*innen aufgreifen –, fördert dies das (positive) Erleben von Kompetenz. Viele Apps und Lernprogramme können auf verschiedene Schwierigkeitsstufen eingestellt werden oder stellen sich auf Basis von Fehleranalysen oder Vortests automatisch auf die Fähigkeiten der Lernenden ein (Intelligente tutorielle Systeme). Schüler*innen lernen dadurch auf einem optimalen Fähigkeitsniveau. Wenn Lernende immer wieder dieselben Fehler machen, können Programme außerdem verschiedene Hinweise und Aufgaben einschalten, die weiterhelfen und eventuelle Verständnis- und Wissenslücken schließen. Viele digitale Lernumgebungen geben automatisch direktes Feedback auf Aufgabenlösungen oder stellen die Möglichkeit bereit, in der Gruppe mit anderen Lernenden Aufgaben zu lösen. Beides kann das Erleben von Kompetenz fördern. Vorsicht ist an dieser Stelle allerdings geboten, wenn Gruppenspieloptionen und Feedback zu einem kompetitiven Lernverhalten führen. Wenn es also nicht mehr um das Lösen der Aufgaben, sondern nur noch um das Bessersein geht, kann dies die Motivation auch hemmen (Kapp, 2012).
Die soziale Eingebundenheit wird gefördert,wenn durch das Programm das Spielen in der Gruppe und dadurch kollaboratives oder kooperatives Lernen ermöglicht wird. Beide Formate, kollaboratives und kooperatives Lernen, sind Formen des Lernens in Gruppen. Wenn Personen im Team zusammenspielen, führt das auch dazu, dass Ziele in der Gruppe geteilt und gemeinsam verfolgt werden. Auch für die Förderung sozialer Eingebundenheit durch gamifizierte Lernumgebungen gilt jedoch der Hinweis, den wir bereits zum Kompetenzerleben gegeben haben: Das gemeinsame Lösen der Aufgabe und nicht der Wettbewerb sollte im Vordergrund stehen. Neben den genannten Aspekten können Rollenmodelle wie Personen in Erklärvideos die soziale Eingebundenheit fördern. Personen, die beispielsweise einen Lerninhalt zunächst genauso wenig verstanden haben wie die Lernenden selbst, bieten viele Identifikationsmöglichkeiten, was motivieren kann.