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Wie man Geschwisterkinder in Zeiten von Krankheit, Tod und Trauer unterstützen kann

Die Trauerfachberaterin und Autorin Stephanie Witt-Loers und Urs Münch, Psychologischer Psychotherapeut und Psychoonkologe, haben zusammen das Buch «Meine Schwester Sophie» verfasst, das sich in seinem von Sylvain Mérot liebevoll illustrierten ersten Teil direkt an Geschwisterkinder von schwer erkrankten Kindern richtet. Ein ergänzender Theorieteil stellt Hilfen und Informationen für Eltern, Bezugspersonen und Fachkräfte bereit. Wir haben mit der Autorin und dem Autor über die besondere Situation von Geschwisterkindern und ihre Gefühle gesprochen und über die Möglichkeiten, mit den Herausforderungen von Krankheit, Tod und Trauer umzugehen.

Greta und ihre Eltern besuchen die krebskranke Sophie im Krankenhaus

Im Buch "Meine Schwester Sophie" geht es nicht nur um die krebskranke Sophie, sondern vor allem um Greta, ihre kleine, 7-jährige Schwester. Wie erlebt Greta die Situation in ihrer Familie?

Stephanie Witt-Loers:
Auf Grund der komplexen Belastungen, die eine schwere Erkrankung und der Tod eines Kindes für Eltern bedeuten, geraten Geschwister schnell aus dem Fokus. Eltern sind mit der neuen Situation oft psychisch, physisch und organisatorisch überfordert. Hinzu kommt Unsicherheit, weil sie nicht wissen, wie sie mit dem Thema in der Familie umgehen sollen. Meine Erfahrung ist, dass Eltern zu wenig sachliche Informationen zu Sterben, Tod und Trauer haben. Das erzeugt Angst. Zudem möchten Erwachsene Kindern Leid ersparen und glauben deshalb, dass es besser sei, Kinder (erst mal) außen vor zu lassen. Darüber hinaus haben eigene negative Erfahrungen das Verhalten in Bezug auf die Kinder oftmals so geprägt, dass das Thema abgewehrt wird. Geschwister bleiben daher häufig allein mit ihren Ängsten und Fragen. 

Papa spricht mit Greta und tröstet sie

Greta geht es im Buch zunächst auch so. Sie nimmt sehr sensibel die Veränderungen in ihrer Familie wahr, bezieht diese auf sich und leidet sehr darunter. Auf Gretas drängende Fragen hin öffnen sich die Eltern und erkennen Gretas tiefe Not. Nicht immer können sich Kinder bemerkbar machen. Daher sind eine sensible Wahrnehmung und sachliche Informationen in einer Familie mit einer schweren Erkrankung wesentlich. Nachdem eine offene Kommunikation zum Thema in der Familie angestoßen ist, kann Greta das Verhalten, die Trauer und Hilflosigkeit ihrer Eltern deuten und teilen. Sie lernt zu verstehen, dass ihre Eltern und ihre Schwester in einem Prozess zum Umgang mit der neuen Situation stecken. Das sind wichtige Signale für Gretas eigenen Anpassungs- und Trauerprozess, denn sie trauert um die Eltern und ihre Schwester, die nicht mehr sind wie zuvor, um den verlorenen Alltag und das “normale” Familienleben und später um die verstorbene Sophie, die nie wieder kommen wird und damit auch nicht mehr das Familienleben, was Greta sich gewünscht hatte. Für ihre Fragen und ihre Trauer findet Greta Raum und Ausdruck in der Familie und auch in der professionellen Unterstützung. 

Weitere wesentliche Themen, die Gretas Geschichte vermitteln möchte, sind zum Beispiel, dass Geschwister fortlaufend über den Erkrankungsprogress informiert werden sollten. Zudem geht es darum, dass Kinder, wie Greta im Buch auch, eingebunden und kindgerechte Verantwortung übernehmen sollten. Greta kann eigene Ideen mit in den Krankheits- und Abschiedsprozess einbringen und etwas tun. Sie bleibt nicht hilflos und ohnmächtig. Sie hat Zeit und Gelegenheit mit Sophie über die Krankheit, den Tod und das Danach und vieles mehr zu sprechen. Greta unterstützt Sophie und darf später den Sarg und die Abschiedsfeier mitgestalten. Insgesamt wird so das Selbstvertrauen, die Selbstwirksamkeit und die Zuversicht, dass ihr Leben weiterhin lebenswert ist, gestärkt.

Greta hat zunächst das Gefühl, selbst daran schuld zu sein, dass ihre Familie sich anders verhält als gewohnt. Sind Schuldgefühle von Geschwistern typisch, vielleicht auch das Gefühl, verantwortlich zu sein für Krankheit und Tod von Angehörigen?

Stephanie Witt-Loers: 
Schuldgedanken in Trauerprozessen können komplex sein und vielfältige Ursachen haben. Greta ist verunsichert durch das veränderte Verhalten ihrer Schwester und ihrer Eltern. Da sie keine Erklärungen für diese Veränderungen bekommt, sucht sie eigene Antworten auf ihre dringlichen Fragen. So entstehen belastende Schuldgedanken oder Gefühle wie: sich nicht geliebt fühlen, Einsamkeit, Traurigkeit und der Versuch sich durch einen Umzug zur Oma an die neue Situation anzupassen. Für Greta ist der Gedanke an die eigene Schuld eine schlüssige Erklärung für das, was ihr unverständlich ist. Schuldgedanken entstehen in diesem Kontext häufig, weil es keine oder unzureichende Kommunikation zum Themenkomplex gibt, eine Vertrauensperson und somit sachliche Informationen fehlen. Eigene falsche Verknüpfungen und Interpretationen, das eingeschränkte kognitive Verständnis sowie magisches Denken können darüber hinaus dazu führen, dass Kinder sich oder andere für schuldig halten und unnötige Belastungen und Ängste erleiden. Deshalb fühlen sich Kinder häufig auch verantwortlich für die Erkrankung des Familienangehörigen ("Weil ich mich mit Marvin gestritten habe, ist er jetzt tot."). 

Kinder sind in der Bearbeitung von Schuldgedanken stark abhängig von Bezugssystemen. Sie brauchen Erklärungen zu Krankheiten und Todesursachen. Kinder, die sich schuldig fühlen, sprechen aus Scham und Sorge vor dem Verlust von Zuwendung, negativer Bewertung oder Sanktion (Liebe, Aufmerksamkeit) nicht über ihre empfundene Schuld.  Schuldgedanken und Gefühle sollten deshalb konkret erfragt werden. Hier ist eine Vertrauensbasis Voraussetzung. Psychoedukation kann belastende Schuldgedanken und Gefühle, die durch fehlendes Wissen und falsche Verknüpfungen entstanden sind, verhindern und ausräumen. Die eigene “Überlebensschuld” oder die Schuldzuweisung an andere an der Krankheit oder am Tod des Geschwisters verantwortlich zu sein, können ebenfalls wichtige Themen für Geschwister sein, welche Bearbeitung und Raum benötigen.

Inwieweit unterscheiden sich der Umgang mit Trauer, Verlust und Tod bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen?

Urs Münch: 
Das ist per se abhängig von der jeweiligen Entwicklungsstufe. Je nach dem können Kinder unterschiedlich begreifen und verarbeiten und zeigen sich auch Trauer und Verlustverarbeitung unterschiedlich. Das fängt an mit dem Verständnis von Tod an sich. Das ist ein komplexes Phänomen, das ohne altersgerechte Aufklärung und Information bei direkter Erfahrung/Konfrontation normalerweise erst von Jugendlichen ab dem ca. 12. Lebensjahr erfasst werden kann. Kinder bis etwa fünf oder sieben Jahren haben zwar eine Idee, dass es etwas wie Tod gibt, können aber weder die Absolutheit erfassen noch kognitiv begreifen, dass auch sie selbst sterblich sind. In Bezug auf die Verlustverarbeitung reagieren jüngere Kinder verstärkt somatisierend. Das können unspezifische Bauchschmerzen sein bis hin zum Verlernen bisheriger Fähigkeiten und Fertigkeiten wie beispielsweise nächtlichem Bettnässen. Aber auch Aufmerksamkeit forderndes Verhalten wie Wut und Aggressivität können Teil der Reaktion sein. Häufig zeigt sich eine verstärkte Abhängigkeit von zentralen Bezugspersonen. Auch können Verlustverarbeitung und Trauer Ausdruck im Spiel finden. Spielen ist gleichzeitig auch bei allen Kindern bis ca. 12 Jahren eine Möglichkeit hilfreicher Auszeit von Trauer. Grundsätzlich ist in allen Altersgruppen wichtig, dass wie bei Erwachsenen Auszeiten von Trauer hilfreich für Verarbeitung und Bewältigung des jeweiligen Verlusts sind. Typisch für Verlustverarbeitung ist das Pendeln zwischen Phasen, in denen der Verlust im Zentrum steht und denen der Alltagsbewältigung oder Auszeit. Je jünger, desto schneller kann dieses Pendeln stattfinden, was für die Umgebung unvermittelt und irritierend wirken mag.

Die Geschwister von Verstorbenen gelten als die "vergessenen Trauernden" – was heißt das für die Kinder und wie kann man als Familie gegensteuern?

Sophie ist schwer krank und die Eltern sind sprachlos, darunter leider Schwester Greta

Urs Münch: 
Es ist für Erwachsene selbst oft komplex und herausfordernd, einen eigenen Umgang mit bedeutsamen Verlusten zu finden. Je schwerer belastet, desto problematischer kann es werden, auch die Bedürfnisse für die verbliebenen Geschwisterkinder im Auge zu haben. Wenn es ein aufgrund vorhergehender Krankheit zu erwartender Tod ist, sollte schon vorher ein Unterstützungsnetz für die Kinder geknüpft werden. Da kann ein ambulanter Familienhospizdienst entlastend und hilfreich sein, aber auch das Einbeziehen von erwachsenen Freunden oder Verwandten, die für die Kinder Vertrauenspersonen sind und für sie da sein können, wenn die Eltern wenig Energie haben, neben dem erkrankten Kind und sich selbst sich auch noch um das Geschwisterkind zu kümmern. Diese Strukturen helfen und entlasten Eltern auch nach Versterben eines erkrankten Kindes. Wenn ich als Erwachsener mit dem Verlust nicht zurechtkomme, ist es wichtig, mir selbst je nach Schweregrad angemessene Unterstützung zu suchen, damit ich auch trotz des Verlusts und der damit verbundenen Herausforderung nicht das verbliebene Kind/die verbliebenen Kinder vernachlässige. Es gibt in den meisten Regionen Trauerangebote für Kinder und Jugendlichen unterschiedlicher Altersstufen. Diese Angebote sollten den verbliebenen Geschwisterkindern zugänglich gemacht werden. Auch sollten seitens der Eltern zentrale Bezugspersonen in Kindergarten oder Schule einbezogen werden, damit diese sowohl empathischer im Umgang mit den Kindern sein als auch die Eltern auf mögliche gravierende Verhaltensänderungen aufmerksam machen können, die mehr und andere Unterstützung benötigen, wie z.B. dauerhafter Rückzug oder fortwährend aggressive Impulsausbrüche. 

Im Buch holt die Mutter irgendwann Hilfe von außen und Greta findet bei "Claudia vom Verein" Gehör und Verständnis. Sollte generell in ähnlichen Situationen professionelle Hilfe z.B. in Form von Trauerberatung oder -begleitung eingeholt werden?

Stephanie Witt-Loers:
Generell ist es für alle im Familiensystem wichtig viel Sachwissen zu Trauerprozessen und Trauerreaktionen von Kindern und Erwachsenen zu bekommen, um sich und die anderen im System besser verstehen und unterstützen zu können. Solche Informationen können im Trauerprozess sehr entlastend sein und unnötige Konflikte vermeiden. Professionelle Hilfe kann deshalb für das gesamte Familiensystem sehr hilfreich sein und zudem dabei unterstützen, eine offene Atmosphäre zu schaffen, in der Fragen gestellt und Emotionen gezeigt werden dürfen. Zudem können die Kommunikation in der Familie zum Themenkomplex angeregt, Strategien zum Umgang mit dem Verlust entwickelt und Schnittmengen zu individuellen und systemischen Bedürfnissen gefunden werden.

Professionelle Unterstützung kann Bezugspersonen für die Auslöser von Trauerprozessen (Verlust von Alltag, Zuwendung, Aufmerksamkeit, Verlust von körperlicher und geistiger Gesundheit, Lebensträumen, sozialen Kontakten…) und möglichen Trauerreaktionen des erkrankten Kindes und des Geschwisters (Aggressivität, die Realität nicht akzeptieren, Risikoverhalten, Flucht aus dem System in vielfältigen Formen, ein hohes Verantwortungsgefühl für Bezugspersonen/Geschwister, die Übernahme von Aufgaben, das Gefühl nicht geliebt zu werden, Identitätskonflikte oder Überforderung…) sensibilisieren. Kinder erhalten kindgerechte, sachliche Informationen zu Todesursachen, Todesmerkmalen (hier haben Kinder häufig sehr belastende Fantasien) Bestattung, ihren persönlichen und den Trauerreaktionen ihrer Eltern. Sie lernen, dass sie nicht für alles verantwortlich sind, es nicht auf alle Fragen eine Antwort gibt und es unterschiedlichen Bedürfnisse und Wege des Umgangs mit dem Verlust geben kann und darf. Hieraus kann Respekt und Toleranz für den eigenen Trauerprozess und den der anderen im System erwachsen. Im Kinderbuchteil werden auch tabuisierte, belastende und mit Scham belegte Gefühle wie Ekel und Erleichterung aufgegriffen, die Kinder wie Erwachsene häufig nicht von sich aus ansprechen. Greta wird von “Claudia aus dem Verein” entlastend begleitet. Sie erfährt, dass es sich um ganz normale Gefühle und Gedanken handelt, die ihren Sinn haben und ausgedrückt werden dürfen. Eltern benötigen gerade in diesem Kontext häufig selbst Unterstützung und können erst dann entlastend für Kinder da sein, wenn sie die dazu notwendige Psychoedukation erhalten haben. In der professionellen Begleitung können Familiensysteme langfristig insgesamt so gestärkt werden, dass das Leben mit dem Verlust individuell und für das System bestmöglich gestaltet werden kann. 

Wie wichtig ist Kommunikation, wie offen sollte über Krankheit und Tod gesprochen werden? Im Buch rät Greta selbst, mit jemandem über Fragen und Gefühle zu sprechen, ihr hat es geholfen …

Urs Münch: 
Greta liegt da ziemlich richtig. Etwas vor den eigenen Kindern zu verheimlichen, bringt wenig Gutes. Kinder haben auf emotionaler Ebene sehr gute Sensoren dafür, dass etwas nicht stimmt und anders ist. Bei jüngeren Kindern bis max. 7 Jahren können dann Befürchtungen/Fantasien entstehen, dass sie etwas falsch gemacht haben und Schuld an z.B. der Traurigkeit der Eltern sind. Nicht zu kommunizieren, sorgt dafür, dass Kinder sich ausgeschlossen fühlen. Insbesondere Jugendliche können das als Enttäuschung erleben, wenn ihnen so wichtige Dinge verheimlicht werden. Zentral sind in der Kommunikation zwei Dinge. Zum einen muss diese altersgerecht erfolgen, klar, eindeutig und nicht in Sprachsymbolik oder Bildern, von denen jüngere Kinder nicht abstrahieren können. Zum anderen muss das jeweilige Kind immer wieder Raum und Gelegenheit bekommen, über mit Krankheit, Sterben und Tod verbundenen Gedanken und Erlebnissen sprechen zu können. Wenn Eltern das selbst so nicht leisten können, kommen hier wieder die oben erwähnten Menschen des Umfelds hinzu, die als Netzwerk hilfreich unterstützen können. Wenn ich als Erwachsener unsicher bin, was ich wie mit meinen Kindern besprechen kann, dann nutzt es auch hier, entsprechende Beratungs- und Unterstützungsangebote in Anspruch zu nehmen. Das können spezielle Angebote von Initiativen und vereinen zur Unterstützung krebskranker Kinder und ihrer Familien sein, oder Krebsberatungsstellen wie etwa die für Kinder krebskranker Eltern, ambulante Familienhospizdienste oder Beratungsangebote von Gesundheitsämtern. Überregional bieten auch Organisationen wie die deutsche Kinderkrebsstiftung Unterstützung für gesunde Geschwisterkinder an oder helfen wie die Kinderkrebshilfe mit Beispielen, wie Kindern Krebs erklärt werden kann. Gute und offene Kommunikation ist eine Ressource für die ganze Familie. Kinder aus Familien, die offen und gut miteinander kommunizieren, kommen in der Regel besser mit Krankheit und Verlust zurecht und scheinen auf lange Sicht seltener psychische Störungen zu entwickeln.

Greta geht nach Sophies Tod in eine Kindertrauergruppe, sie kann sich mit anderen Kindern austauschen. Sie lernt, dass es okay ist, auch wieder Dinge zu tun, die Spaß machen. Wie wichtig ist diese positive Botschaft am Schluss?

Ein Gesprächskreis in einer Kindertrauergruppe, Greta sitzt dort mit anderen Kindern

Stephanie Witt-Loers:
Dass Lebensfreude nach dem Tod eines Geschwisters sein kann und darf, ist eine wesentliche Botschaft des Kinderbuchteils für Kinder und deren Bezugspersonen, gerade weil der tiefe Lebenseinschnitt in das Familiensystem auch bedeuten kann, sich und die Familie aufzugeben. Oftmals sprechen Eltern davon, dass sie keine Familie mehr sind, obwohl es noch lebende Kinder gibt. Der Tod eines Kindes bringt für betroffene Eltern meist eine lebenslange, tiefe Trauer und viele weitere Konsequenzen mit sich, die sich auf Geschwister auswirken. Geschwister fühlen sich deshalb beispielsweise oft verantwortlich für ihre Eltern, versuchen sie zu trösten, vermitteln zwischen den Eltern, übernehmen Aufgaben, um ihre Eltern zu entlasten, verhalten sich angepasst, möchten das Geschwister ersetzen und/oder haben den Eindruck, dass sie ihr Leben nicht genießen dürfen, weil die Eltern (und oftmals ein großer Teil des sozialen Umfelds) so stark trauern. Diese und viele weiteren Facetten können dazu führen, dass Geschwister Schwierigkeiten haben ihre eigene Identität zu finden, sich schlecht von den Eltern lösen und ein selbstbestimmtes Leben führen können. Der für Kinder anstrengende Trauerprozess benötigt Kraftquellen, damit am Verlust und dessen Konsequenzen gearbeitet und er in die eigene Biografie eingeordnet werden kann. 
In der Trauerarbeit nimmt darum Ressourcenarbeit einen wesentlichen Stellenwert ein. Sie unterstützt das “Überleben” sowie den Aufbau von Selbstwert und Selbstvertrauen. Greta wird durch “Claudia aus dem Verein” und den Austausch mit Kindern in der Gruppe, die ein ähnliches Schicksal erlebt haben, ermutigt gut für sich zu sorgen. Sie erlebt, dass sie nicht allein ist mit ihren Gedanken und Gefühlen. Trauernde Geschwister, die mit dem Leid ihrer Eltern (und anderer Bezugspersonen) konfrontiert sind, brauchen oftmals die ausdrückliche Erlaubnis von außen, dass sie sich dem Trauerverhalten von Bezugspersonen nicht anpassen müssen, sie ihr Leben bedürfnisorientiert gestalten und positiv empfinden dürfen. Greta konnte zudem weitere Strategien entwickeln, die ihr helfen zu «überleben» und die ihre Lebenslust und Freude stärken. Sie hat eine Sinnhaftigkeit für ihr Leben gefunden, sie hat den Plan Ärztin zu werden und sie findet für sich Trost, weil sie ihrer Schwester Sophie neue, bereichernde Plätze in ihrem Leben gibt. 

 

Herzlichen Dank für das Gespräch!

 

Alle Illustrationen stammen aus dem Buch “Meine Schwester Sophie” und sind von Sylvain Mérot.

Stephanie Witt-Loers

Stephanie Witt-Loers ist die Autorin des Kindertextes. Zudem initiierte und koordinierte sie das vorliegende Buchprojekt. Sie ist als Trauerfachberaterin und Heilpraktikerin (Psychotherapie) spezialisiert auf Verlust- und Trauerprozesse und unterstützt seit Jahren Kinder, Jugendliche und deren Familien in Sterbe- und Trauersituationen. Sie ist Autorin vieler Fachbücher und Artikel, leitet das Institut Dellanima sowie das Kooperationsprojekt des Deutschen Roten Kreuzes. Als Dozentin für Seminare und Vorträge ist sie bundesweit sowie im Ausland unterwegs. Mit ihrer langjährigen Erfahrung arbeitet sie im Auftrag verschiedener Jugendämter, Kinderheime und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. Zudem berät und begleitet sie Kitas, Schulen und Institutionen in akuten Krisenfällen oder präventiv.

Dipl.-Psych. PP Urs Münch

Urs Münch ist Autor des Informationsteiles von „Meine Schwester Sophie“. Er ist Psychologischer Psychotherapeut, Psychoonkologe (DKG), Fachpsychologe Palliative Care (BDP-DGP) und zertifizierter Singleiter für Krankenhäuser. Er arbeitet als Psychoonkologe und als Ethikbeauftragter für die DRK-Kliniken Berlin. Darüber hinaus ist er freiberuflich als Dozent und Vortragender tätig. Seit Jahren ist er aktives Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) und inzwischen auch bei der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Bei der DGP ist er u. a. in der AG Psychosoziale, Spirituelle und Trauerspezifische Versorgung engagiert. Seine thematischen Schwerpunkte sind Kommunikation, Sterben, Tod, Trauer und Medizinethik aus psychologischer Sicht.

Empfehlung des Verlags

Meine Schwester Sophie Geschwisterkinder in Zeiten von Krankheit, Tod und Trauer unterstützen von  Stephanie Witt-Loers, Urs Münch
Dieses Buch richtet sich an:Betroffene Kinder (5 bis 12 Jahre) und deren Familien, Bezugspersonen, Pädagogen*innen, Kinder- und Jugendpsychotherapeuten*innen, psychologische Berater*innen, Trauerfachberater*innen, Ärzt*innen, Hospize sowie Erzieher*innen.Greta versteht die Welt nicht mehr. Früher wa…

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